Archäologische Funde in Schaan
Frühmittelalterliche Gräber in römischen Gebäuden –
Bericht zu den Ausgrabungen in der Obergass 46 in Schaan
Bernd Heinzle, Sarah Leib, Christine Cooper
Bereits ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. ist in Schaan eine römische Präsenz durch archäologische Funde belegt. Als Reaktion auf die unruhigen Zeiten des 3. und 4. Jahrhunderts entstanden zur Grenzsicherung zahlreiche Kastelle, so auch das Kastell in Schaan. Lange sollte die Anlage jedoch nicht bestehen; bereits in der ersten Hälfte des 5. Jahrhundert fiel sie einem Brand zum Opfer. Unter dem neuen römischen Einfluss hielt das Christentum recht früh Einzug in unsere Region. Bereits im 5./6. Jahrhundert dürfte in Schaan eine christliche Gemeinde bestanden haben. Davon zeugt die auf den Grundmauern des ehemaligen Kastells errichtete Kirche St. Peter.
Die in Schaan ansässige Bevölkerung fand ihre letzte Ruhe in meist einfachen Gräbern, angeordnet in Gruppen oder losen Reihen. Spätestens ab dem frühen Mittelalter waren ein Bestattungsplatz im Kircheninneren oder um das Gotteshaus herum zunehmend beliebt. Doch auch weiter entfernt lassen sich in Schaan Bestattungen antreffen, wie bei der im September und Oktober 2024 durchgeführten Notgrabung in der Obergass 46 zu sehen (Abb. 1). Nur 180 m östlich von St. Peter traten sieben frühmittelalterliche Bestattungen zutage. Sie stammen grösstenteils aus der Zeit des 7. bis 9. Jh. Um die Verstorbenen wurden in der Grabgrube Steinkränze gelegt. In zwei Fällen sind Reste von Holzsärgen nachgewiesen (Abb. 2). Die beigabenlosen Gräber nahmen Bezug auf ein älteres Gebäude, teilweise störten sie dieses auch (Abb. 3). Die aus den Mauern entnommenen Steine dienten nun als Grabeinfassung (Abb. 4).
Die Mauern bilden ein Gebäude mit einem lichten Mass von mindestens 5,5 x 8,2 m. Nach Osten erstreckt sich das Gebäude über die Parzellengrenze und somit den Untersuchungsperimeter hinaus. Die Südmauer, wie auch die Nutzungsniveaus in und um das Gebäude sind infolge von Abbruch und Erosion nicht mehr vorhanden. Erhalten blieben nur die unteren zwei bis drei Steinlagen der Mauern sowie in den Boden eingetiefte Strukturen wie zwei Abfallgruben. Darin fanden sich spätrömische Siedlungsabfälle, wie Münzen (Abb. 5), Fragmente von Lavezgefässen und Terra Sigillata, Werkzeug aus Eisen und Horn sowie diverse Eisen- und Buntmetallobjekte. Die Siedlungsbefunde und das Fundgut – vor allem aus den beiden Abfallgruben – sind zeitlich mit dem römischen Kastell in Verbindung zu setzen.
Bei den Bestatteten handelt es sich um vier Frauen und drei Männer, die mehrheitlich im Alter zwischen 40 und 60 Jahren verstorben sind. Die wenigen Streufundknochen beinhalten auch Überreste eines Neugeborenen. Mehrere Skelette weisen krankhafte Veränderungen auf, deren Diagnose Gegenstand der laufenden Untersuchung ist. Ebenso werden die im Herbst 2025 dokumentierten Siedlungsbefunde (Gruben, Pfostenlöcher, eine Münze sowie Keramik- und Glasfunde, Abb. 6) eingehend untersucht und zeitnah publiziert.

Abb. 1: Ein Teil des Teams der Abteilung Archäologie beim Bergen und Dokumentieren der Funde.

Abb. 2: Detail der hölzernen Sargreste (Bildmitte) aus Grab 3. Oktober 2024.

Abb. 3: Grab 2 wurde in der Nordwestecke eines älteren Gebäudes (Ruine) angelegt, im Süden und Osten wurden mehrere Lagen Steine aufgeschichtet.

Abb. 4: Beim Anlegen von Grab 3 wurden Teile der älteren Mauer als Grabeinfassung wiederverwendet. Oktober 2024.

Abb. 5: Freilegen einer römischen Münze (Constantinus, Anfang 4. Jh. n. Chr.) im Restaurierungslabor.

Abb. 6: Zwei kleine, flache Gruben (Pos. 4 und 5) und zwei grössere, tiefere Gruben (Pos. 6 und 7) enthielten römisches Fundgut.
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