«Zu hohem Wissen gebracht»
Schaan zeichnet sich durch ein aktives Vereinsleben aus. Das war zwar nicht immer so, aber seit den 1860er-Jahren, als die neue Verfassung von 1862 es ermöglichte, sich mit Gleichgesinnten zusammenzuschliessen und einem gemeinsamen Hobby zu frönen. Der Schaan-Blog stellt in loser Folge einige der ältesten Schaaner Vereine vor. Den Auftakt machen die Samariter.
Erstmals belegt ist ein Schaaner Samariterverein am 25. März 1930. Damals berichtete das Volksblatt, dass Franz Beck, ehemaliger Präfekt des Jünglingsvereins, einen solchen ins Leben gerufen und mehrere Gleichgesinnte um sich geschart habe. Der Verein bezwecke «die organisierte und fachmännisch geleistete Hilfeleistung bei Unglücksfällen, seien sie klein oder gross, und die Förderung des Samaritergedankens.»
Die Ersten am Unfallort
Der Verein habe bereits mehrere Tragbahren und zwei Verbandskästen angeschafft und der technische Leiter Franz Beck habe den Mitgliedern durch Vorlesungen sowie Übungen die notwendigen Vorkenntnisse vermittelt. In der Person des Dr. Alfons Brunhart habe der Verein auch bereits einen ärztlichen Leiter gefunden. «Bei kleinen oder grossen Unfällen, deren es ja heutzutage so viele gibt, sind die Samariter gleich hilfsbereit zur Stelle, wenn sie benachrichtigt werden», hiess es im «Volksblatt» weiter, und zwar um den Ärzten in die Hände zu arbeiten, Notverbände anzulegen, die Mediziner zu alarmieren und allenfalls den Transport der Patienten zu organisieren.
Auto fährt Radfahrer an
Den ersten dokumentierten Einsatz hatten die Schaaner Samariter Ende Juni 1930 beim Zusammenstoss eines Radfahrers und eines Autos im Forst. «Mitglieder des Samaritervereins, die vom Unfall verständigt wurden, leisteten erste Hilfe», berichteten die Tageszeitungen. Und auch bei Anlässen erfüllten die Schaaner Samariter ihre Pflicht. «So beim Wettturnen am letzten Samstag und Sonntag, wo fünf Mann der Sanitätskolonne auf dem Platze waren und die ganze Zeit vollauf zu tun hatten.» Der Verein verdiene die volle Unterstützung aller Volkskreise. Er verwende die ihm anvertrauten Mittel ausschliesslich zur Anschaffung von Verbandsmaterial und Rettungsgegenständen. «Die Unterstützung einer solch guten Sache verdient denn auch Anerkennung», war das «Volksblatt» voll des Lobes.
Szenario: Zugunglück auf der Rheinbrücke
In den folgenden Jahren berichten die Zeitungen noch über eine Reihe von weiteren Einsätzen und Übungen des Samaritervereins. So auch von der Teilnahme an einer grossen Sanitätsübung, als bei der Eisenbahnbrücke in Schaan ein Zugunglück simuliert worden war. Dabei wurden das Anlegen der Notverbände und der Abtransport der Verletzten fachmännisch überwacht und beurteilt. Der ärztliche Oberleiter Burkhard Breitner von der Universitätsklinik Innsbruck bezeichnete die Übung der vereinten Rettungsorganisationen aus Liechtenstein, Österreich und der Schweiz als «voll gelungen».
Tüchtig, aber nicht vermögend
Der letzte Bericht vom Einsatz des ersten Schaaner Samaritervereins bei einem Unglück stammt vom August 1936, als bei einer Flugvorführung ein Pilot in Schaan abstürzte und Dr. Brunhart sowie die Sanitätskolonne erste Hilfe leisteten. Zweieinhalb Monate zuvor hatten die Samariter ihre Generalversammlung abgehalten. Paul Schierscher wurde zum Präsidenten bestimmt, und Franz Beck wird weiterhin als technischer Leiter genannt. Das «Vaterland» berichtete in diesem Zusammenhang, sechs Jahre nach der Gründung, sehr grosszügig gerechnet vom «bald zehnjährigen Bestehen» des Vereins, der es «unter der sehr tüchtigen Leitung seines Gründers zu hohem Wissen in der richtigen Behandlung von Verunfallten gebracht» habe. Die Bedeutung der Samariter lasse hoffen, «dass auch dieser Verein von der Gemeindebehörde, wenigstens so wie auch die anderen Vereine, auch unterstützt würde», da Medikamente und Tragbahren viel Geld kosteten. Damit liefert das «Vaterland» mit finanziellen Schwierigkeiten einen möglichen Hinweis auf den Grund für die Auflösung des Vereins, die vermutlich noch im Jahr 1936 erfolgt war.
Neugegründet wurde der Schaaner Samariterverein wie wir ihn heute kennen dann im Jahr 1952. Nach dem ersten Kurs in der «Linde» unter der Leitung von Samariterlehrer Werner Geel aus Buchs und Dr. Max Ospelt mit über 60 Teilnehmern, einem Zeitaufwand von 40 Stunden und einer Dauer von zweieinhalb Monaten fand am 15. März 1952 im Café Risch die Gründungsversammlung statt. Regelmässige Übungen gehören bis heute zum Alltag der Mitglieder. Eine besonders umfangreiche fand beispielsweise im Jahr 1977 beim Schanner Bahnhof statt (Fotos).
Bildnachweis: Gemeindearchiv Schaan / Fotos: Heinz Michels und Brigitt Risch