Schlaflos im Duxwald
Genau beziffern kann Köhlermeisterin Doris Wicki nicht, wie viele Holzkohlemeiler sie insgesamt schon aufgebaut hat. Aber wenn man bedenkt, dass sie das Handwerk seit 2005 ausübt und im Schnitt rund vier Meiler pro Jahr betreut, kommt man schon auf eine stolze Zahl um die 60 bis 70. Zum Ende des Köhlerfests auf dem Wisseler-Platz erzählt sie, was für sie die Arbeit in Schaan so besonders gemacht hat.
1. Du hast die letzten drei Wochen in deiner Baracke auf dem Wisseler-Platz gelebt und den Holzkohlemeiler überwacht. Wenn du ein kurzes Fazit ziehst: Wie war`s?
Das ganze Projekt lief vom Anfang bis zum Ende sehr gut und absolut problemlos. Einzigartig war die tatkräftige Unterstützung von den Mitarbeitern des Forstwerkhofs. Normalerweise mache ich die Arbeit allein. Speziell Matthias war bei allen Arbeitsphasen dabei und sehr interessiert an der Bau- und Funktionsweise eines Meilers. Er und seine Kollegen haben sich zu echten Profis entwickelt und in der Endphase die Regulation der Zu- und Austrittsöffnungen praktisch ohne meine Hilfe gemeistert. In der Nacht auf Donnerstag, 2. Juni, haben sie den Verkohlungsprozess im Meiler um vier Uhr morgens zum Abschluss gebracht. Es war für mich eine wahre Freude zu sehen, welche Begeisterung sie für das alte Handwerk an den Tag legten. Vielleicht wächst hier ja ein Nachfolger von mir heran … (schmunzelt)
2. Du sagst, die Unterstützung durch die Helfer vom Forstwerkhof habe das Köhlerfest in Schaan einzigartig gemacht. Gibt es sonst noch etwas, was hier anders war als anderswo?
Grundsätzlich ist jedes Köhlerfest einzigartig. Aber was ich mich in Schaan besonders beeindruckt hat, war neben der grossen Unterstützung der Gemeinde die vielen Besuche von Schulklassen. Pro Tag waren teils 80 Schülerinnen und Schüler auf dem Platz. Um alte Traditionen wie das Köhlerhandwerk nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, ist es sehr wertvoll, die junge Generation zu erreichen. Und bei so einem Besuch bleibt immer das eine oder andere in den Köpfen hängen. Aber natürlich habe ich mich generell über das Interesse aller Besucher gefreut. Es gab viele schöne Gespräche, und ich bekam von einigen auch Essensgeschenke wie Salat, Früchte oder Schokolade. Es hat mir hier an nichts gemangelt. Auch die Veranstaltungen waren super. Mein persönliches Highlight war der Waldtag mit seinem abwechslungsreichen Programm. Absolut beeindruckend.
3. Du hast den Meiler rund um die Uhr betreut. Wie viele Stunden am Tag konntest du am Stück schlafen?
Mehr als zwei Stunden am Stück habe ich die vergangenen Wochen nicht geschlafen. Aber der Körper gewöhnt sich an diesen Rhythmus, und ich wache eigentlich nach zwei Stunden bereits ohne Wecker auf. Das funktioniert gut und macht mir nichts aus. Es gehört zum Köhlerhandwerk.
4. Hast du nie Angst – so alleine im Wald?
Angst kenne ich nicht. Natürlich hört man im Wald immer wieder Geräusche, zum Beispiel vom vorbeiziehenden Wild. Einmal wanderte ein Fuchs über den Köhlerplatz. An solchen Momenten erfreue ich mich. Ich empfinde es als sehr bereichernd, in die Natur integriert zu sein und den Wald so intensiv zu erleben.
5. Wie viel Kohle kann denn nun aus dem Meiler in Schaan gewonnen werden?
Wir haben für den Meiler 33 Ster Holz verarbeitet. In der Regel gewinnt man aus einem Ster 70 bis 80 Kilogramm Kohle. Wie viel es wirklich sein wird, sehen wir allerdings erst, wenn wir die Kohle nach den Sommerferien abpacken. Vorher muss die Glut komplett erlöschen, der Meiler abkühlen und ruhen. Die Kohleernte ist für mich immer ein ganz besonderer Moment. Es ist der Lohn für die ganze Arbeit, die wir geleistet haben. Darauf freue ich mich – bevor es für mich im September mit meinem nächsten Köhlerprojekt weitergeht.
Hier findet ihr weitere Beiträge zum Köhlerfest:
- Historischer Beitrag zur Geschichte des Köhlerhandwerks
- Aufbau eines Holzkohlemeilers im Zeitraffer
- Schaaner Waldtag 2022
Fotos/Film: Brigitt Risch, Doris Wicki, Team Forstwerkhof