«Wir wollen den Menschen ‹d’Alp› wieder näherbringen»
Nachdem das alte Gipfelkreuz auf dem Schönberg im letzten Herbst einem Sturm zum Opfer gefallen ist, hat sich die Alpgenossenschaft Guschg zum Ziel gesetzt, es zu ersetzen. Am Samstag, 22. Juni, war es so weit: Das neue Gipfelkreuz konnte an seinem Bestimmungsort aufgerichtet werden. Eine gute Gelegenheit, mit den jungen Alpvögten Dominik Konrad und Matthias Risch über ihre Leidenschaft – die Alp Guschg – zu sprechen.
1. Der Bau eines neuen Gipfelkreuzes ist nicht gerade ein alltägliches Vorhaben einer Alpgenossenschaft. Wie ist dieses Projekt entstanden?
Dominik: Das alte Gipfelkreuz wurde vor über 50 Jahren von einer Gruppe Triesenberger gebaut. Da es in keinem guten Zustand mehr war, spielte die Alpgenossenschaft bereits seit längerem mit dem Gedanken, ein neues aufzustellen. Der Sturm traf dann letzten Herbst für uns die definitive Entscheidung. Da die Gruppe, die das alte Kreuz gebaut hat, nicht mehr besteht, haben wir dem Alpenverein mitgeteilt, dass wir als Grundeigentümer der Alp das Gipfelkreuz auf unserem Hausberg, dem Schönberg, stellen möchten.
Matthias: Daraufhin haben wir mit der Planung begonnen und im Vorstand mögliche Bauweisen eines Gipfelkreuzes diskutiert. So ein Kreuz muss sehr massiv gebaut sein, damit es der Witterung standhält. Dank unserer engagierten und fachkundigen Genossenschaftsmitglieder konnten wir das Kreuz schliesslich in Rekordzeit realisieren – auch wenn wir dafür schon einige Stunden investieren mussten. Wenn ich schätzen müsste, waren es zirka 25 Stunden, in denen die geschmiedeten Pläne immer wieder angepasst oder teils ganz über den Haufen geworfen wurden. An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen beteiligten Genossenschaftsmitgliedern, im Speziellen bei Werner und Alex Steiger, Philipp Baumgartner und Florian Ritter, für die super Unterstützung.
2. Am 22. Juni war der grosse Tag: Die Mitglieder der Alpgenossenschaft Guschg haben das Kreuz vom Sassförkle auf den Schönberg getragen und aufgerichtet. Wenn ihr den Tag nochmals Revue passieren lasst: Wie fühlte es sich an, das Gipfelkreuz schliesslich an seinem Bestimmungsort zu sehen?
Dominik: Der Tag war insgesamt sehr schön, aber die Bedingungen nicht ideal. Aufgrund der Niederschläge in der Nacht von Freitag auf Samstag war alles sehr nass und der Aufstieg gestaltete sich ausserordentlich rutschig. Der Tag begann für uns um 7 Uhr. Nachdem wir das Material aufgeteilt hatten, starteten wir vom Sassförkle Richtung Schönberg. Nach einem anstrengenden Aufstieg mit viel Gepäck haben wir nach zwei Stunden den Gipfel des Schönbergs erreicht und mit dem Aufbau des Kreuzes begonnen. Gegen Mittag stand das Kreuz, und wir konnten endlich den wohlverdienten Gipfelschnaps zu uns nehmen. Fast gleichzeitig kam auch die Sonne zum Vorschein und wir fühlten uns – wie es auf dem Gipfelkreuz steht – dem Himmel so nah. Nach dem Abstieg liessen wir den Tag dann bei einem gemeinsamen Mittagessen auf Guschg nochmals Revue passieren.
Matthias: Nun können sich die Wanderinnen und Wanderer wieder am Anblick eines Kreuzes auf unserem Hausberg, dem Schönberg, erfreuen. Eine Segnung des Kreuzes wird es dann im Jahr 2025 im Rahmen einer Alpmesse geben.
3. Mal ganz allgemein zur Alpgenossenschaft Guschg: Gemäss eurer Website ist sie Eigentümerin der Alpen Guschg, Stachler und Vordervalorsch und damit seit ihrer Gründung im Jahr 1503 für die Bewirtschaftung von rund 583 Hektar Alpfläche auf einer Höhe von 1100 bis 2286 m.ü.M. verantwortlich. Welche Arbeiten genau beinhaltet diese Bewirtschaftung?
Matthias: Auch wenn die Alpflächen so wirken, als wären sie natürlich entstanden, haben wir es – mit Ausnahme weniger Hochalmen – mit einer Jahrhunderte alten Kulturlandschaft zu tun. Unsere Vorfahren haben damit begonnen, Flächen im Berggebiet für sich zu sichern, indem sie Rodungen vorgenommen, Weideland erschaffen und dieses mit ihrem Vieh bestossen haben. An der Bewirtschaftung hat sich bis heute nur wenig geändert. So sömmern wir nach wie vor Kühe und Rinder auf der Alp und kümmern uns in Handarbeit um die Pflege der Weiden, indem wir Gebüsch zurückschneiden, entfernen und Unkraut mechanisch den Garaus machen. Die Suche nach genügend sömmerungstauglichem Vieh gestaltet sich jedoch schwieriger als noch vor einigen Jahren. Die Tiere sind für die Erhaltung der Landschaft aber unabdingbar, denn sie unterdrücken das Aufkommen von Gebüsch-Vegetation und erhalten so die offenen, artenreichen Alpenwiesen, von denen neben der Alpwirtschaft zahlreiche Tier- und Pflanzenarten profitieren. Ebenso alt wie die Bestossung von Alpweiden ist übrigens die Herstellung von Alpkäse. Wir betreiben eine von vier Alpkäsereien in Liechtenstein und produzieren neben Käse auch Joghurt und Butter. Das machen wir als einzige Alpkäserei ohne Unterstützung des Landes.
Dominik: Auch sind wir zuständig für die Berggebietssanierung auf den Flächen unserer Genossenschaft. Dazu führen wir jährlich mehrere Frontage mit unseren Mitgliedern der Genossenschaft. Auch die Bewirtschaftung der Wälder in Zusammenarbeit mit dem Forstbetrieb Schaan-Planken gehört zu unserem Arbeitsbereich. Zusätzlich sind wir verantwortlich für diverse Infrastrukturanlagen wir die Alpgebäude auf Guschg, im Stachler oder Vordervalorsch, aber auch für die Jagdhütte Sass und die Strassen. Die Aufgabenbereiche sind also sehr umfassend, und dies macht die Arbeit auch so interessant.
4. Im Frühling 2023 haben die 130 aktiven Mitgliedern der Alpgenossenschaft Guschg ihren neuen sechsköpfigen Vorstand für die nächsten zwei Jahre gewählt. In die Fussstapfen vieler langjährige Vorstandsmitglieder ist ein junges Team getreten. Was bedeutet dieser Generationenwechsel für die Alpgenossenschaft – weht schon bald ein neuer, frischer Wind durch die «Guschger»?
Dominik: Der alte Vorstand hat jahrelang grossartige Arbeit geleistet und uns die Alp in einem sehr guten Zustand übergeben. Ebenfalls steht er uns nach wie vor mit Rat und Tat zur Seite, wofür wir sehr dankbar sind. Aber natürlich hat ein Generationenwechsel auch Auswirkungen auf die Genossenschaft. Wir betrachten ihn als Chance, die Alp wieder vermehrt in das Bewusstsein der – insbesondere auch jungen – Bevölkerung zu rücken. Ausserdem möchten wir die Alp und das Kulturgut weiterhin erhalten und pflegen.
Matthias: Dem Dank meines Kollegen schliesse ich mich natürlich an. Wir schätzen das uns von unseren Vorgängerinnen und Vorgängern entgegengebrachte Vertrauen sehr und sind froh, dass unsere Entscheidungen von der gesamten Genossenschaft mitgetragen werden. Ich denke, man könnte das Motto des neuen Vorstandes am besten mit den folgenden Worten beschreiben: Traditionen bewahren, Bewährtes erhalten und Neues wagen. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern wollen an den guten Sachen festhalten. Wir möchten jedoch auch zeigen, dass die Genossenschaft im 21. Jahrhundert angekommen ist und den Leuten «d’Alp» wieder näherbringen. Wie bereits erwähnt, haben sich die Aufgaben der Alpgenossenschaft in den letzten Jahren nur geringfügig geändert. Was sich hingegen stark verändert hat ist der Bezug der Bevölkerung zu den Alpen. Er ist nicht mehr zu eng. An diesem Punkt wollen wir ansetzten. Die Alpgenossenschaft ist auf Facebook und Instagram vertreten, wir haben eine tolle neue Homepage, informieren die breite Öffentlichkeit in unserem kleinen Alp-Blog und halten die Genossenschaftsmitglieder mit unserem Newsletter «dr Goschger» auf dem Laufenden. In dieser Hinsicht kann man also schon von einem frischen Wind sprechen.
5. Die Funktion des Alpvogts ist zeitaufwendig und bringt viel Verantwortung mit sich. Was ist euer Ansporn, euch im Vorstand zu engagieren? Warum hängt euer Herz so an der Alpenwelt, speziell der Alp Guschg?
Dominik: Offiziell bin ich in der Alpgenossenschaft, seit ich 18 Jahre alt bin. Die Alp Guschg begleitet mich aber schon mein ganzes Leben. Mein Vater Gerhard war 26 Jahre lang Alpvogt, bevor ich 2023 in seine Fussstapfen treten konnte. Für mich ist es eine Ehre, diese Arbeiten nun als Alpvogt weiterzuführen und die Geschicke der Alp mitzugestalten. Die Alp ist für mich mehr als nur die Sömmerung von Vieh. Die Alp ist Erholungsgebiet, ein wichtiges Kulturgut und Teil unserer Schaaner Identität. Ich möchte die Alp nicht missen. Es macht riesige Freude, diese Leidenschaft mit Freunden und Familie zu teilen, und ich geniesse jeden Moment auf der Alp, auch wenn es manchmal mit Anstrengungen verbunden ist.
Matthias: Ich durfte als «Fätzer» vor sechs Jahren auf Guschg ein Eringer-Fest musikalisch umrahmen. Die Kameradschaft, die Tiere, die Natur haben es mir damals besonders angetan. Zu dieser Zeit habe ich bereits Agrarwissenschaften studiert und die Verbindung zur Alpgenossenschaft daher mehr als nur passend gefunden. Nach drei Jahren Mitgliedschaft durfte ich dann 2022 von Barbara Konrad das Amt des Alpvogtes übernehmen. Mein Herz schlägt in erster Linie für die Nutztiere, ohne die es die Alp nicht geben würde. Ich erfreue mich aber auch an der wunderschönen Flora und Fauna der Bergwelt, die wir auf Guschg haben. Gleichzeitig bin ich sehr traditionsbewusst und werde mich dafür einsetzen, dass es auch weiterhin einen «Goschger Alpkääs» geben wird und wir im Herbst mit dem geschmückten Vieh in Schaan einlaufen. Zum Schluss bedanken wir uns noch bei all unseren Genossenschaftsmitgliedern und bei unseren Vorstandskollegen. A herzlichs vergelt’s Gott för euri Arbet!
Fotos: Luca Bresch