«Meine Leidenschaft ist es, gemeinsam verrückt zu sein»
Seit August dieses Jahres gehört Beat Delpin zum Team der Offenen Jugendarbeit (OJA) Schaan. Mit seinen über 20 Jahren Berufserfahrung im sozialen Bereich bringt er viele kreative Ideen mit, die er unter anderem bei der Gestaltung des neuen Jugendtreffs Im Bretscha 14 einfliessen lässt. Aktuell entsteht dort ein echter Wohlfühlort für 12- bis 18-Jährige.
1. Seit 20 Jahren bist du bereits im sozialen Bereich tätig, vier Jahre davon in der Jugendarbeit Lustenau und Feldkirch. Was hat dich gereizt, zur OJA Schaan zu wechseln, und was kannst du als Person mit einbringen?
Schon bei meinem ersten Kontakt mit der Offenen Jugendarbeit Liechtenstein habe ich gemerkt, dass eine gewisse Leichtigkeit zu spüren ist. Mir gefiel die Art und Weise, wie auf die Jugendlichen zugegangen wird, und welchen Stellenwert sie in der Gemeinde Schaan haben. Partizipation, das Interesse und die Wünsche der Jugendlichen stehen klar im Fokus. Die Jugendlichen werden auch auf der Gemeindeebene gehört und wertgeschätzt. Zuvor hatte ich andere Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Gemeinden gemacht. Ich denke, dass ich durch meine langjährige Erfahrung mit unterschiedlicher Klientel auch für Ausnahmesituationen gut gerüstet bin. Mein handwerkliches Geschick, meine Leidenschaft für den Sport und meine Fähigkeit, für jedes Problem eine Lösung zu finden, helfen mir natürlich auch bei der Arbeit mit Jugendlichen.
2. Mit dem Umzug des alten Jugendtreffs «Bermuda» in die neue Location Im Bretscha 14 hat dich direkt nach Arbeitsbeginn ein tolles Projekt erwartet. Gemeinsam mit den Jugendlichen seid ihr von der OJA Schaan seither fleissig daran, dem Gebäude eine eigene Note zu verleihen. Wie ist der Stand der Dinge?
Eine meiner grossen Leidenschaften ist es, gemeinsam verrückt zu sein – gemeinsam neue Wege einzuschlagen und zu schauen, wo es uns hintreibt. Es hätte mir sehr wahrscheinlich aus diesem Grund nichts Besseres passieren können, als genau zum jetzigen Zeitpunkt zur Offenen Jugendarbeit Schaan zu stossen. Seit dem 1. Oktober sind wir fix im neuen Jugendtreff in der ehemaligen Waldorfschule angekommen – wobei dieser zum Zeitpunkt des Einzugs noch völlig leer war. Da das gesamte Areal sehr viel Potenzial besitzt, mussten wir uns bereits im Vorfeld Gedanken machen, welche Räume wir als Team für unsere Arbeit benötigen und auf welchem Stock sich diese befinden sollen. So starteten wir mit der Gestaltung und Einrichtung unseres Büros im Erdgeschoss. Einen Namen hat der neue Treff bis jetzt noch keinen. Darüber sollen dann die Jugendlichen entscheiden, wenn es so weit ist. Übrigens ist mittlerweile der Verein Neuraum in eines der ehemaligen Klassenzimmer eingezogen. Wir freuen uns auf eine mögliche Zusammenarbeit und blicken diesbezüglich gespannt in die Zukunft. Wir richten aktuell auch eine Werkstatt ein, denken dabei nachhaltig und haben einen Aufruf gestartet, mit dem wir gebrauchtes Werkzeug suchen, das wir dann wieder für den Aufbau des neuen Jugendhauses nutzen können. Diese beiden Räume – die Werkstatt und der Bereich des Vereins Neuraum – werden im Winter noch eine spannende Herausforderung, da sie ausschliesslich mit einem Kaminofen beheizt werden. Bei den Umbauarbeiten stehen generell immer die Jugendlichen im Fokus. Sie sollen ihre Ideen einbringen, mitbestimmen und mitgestalten. Nur so können sie sich mit dem neuen Jugendhaus identifizieren. Dafür gehen wir schrittweise vor – Raum für Raum. Das ist viel Arbeit, die Zeit braucht. Die nächsten Schritte, die anstehen, sind ein Wanddurchbruch im Erdgeschoss und die Gestaltung der erweiterten Küche. Dort entsteht eine Wohn-Essküche mit einer Bar. Wir stecken uns immer wieder kleine Ziele und freuen uns dann gemeinsam mit den Jugendlichen, wenn diese erreicht werden.
3. Die Jugendlichen dürfen bei der Gestaltung der Räume eigene Ideen einbringen. Wie habt ihr diese Ideen gesammelt?
Bereits im Sommer 2023 starteten wir die erste Aktion zur Ideensammlung am Schaaner Jahrmarkt. Wir befragten die Jugendlichen vor Ort, wie sie sich ihren Jugendtreff in Schaan vorstellen und welche Ideen sie gemeinsam mit uns verwirklichen möchten. Die Ideen wurden an einer Pinnwand gesammelt, sortiert und in Kategorien eingeteilt. Bei einer weiteren Aktion im Herbst bespielten wir für einen Abend den Schaaner Busbahnhof und richteten uns ein gemütliches kleines Wohnzimmer im Freien ein. Es ist immer von Vorteil, wenn man kreativ ist und sich ein Umfeld schafft, indem sich die Jugendlichen wohl fühlen. Playstation, Couch, Pflanzen und Musik durften natürlich nicht fehlen. Zudem versuchen wir immer wieder, die Jugendlichen regelmässig über unsere Social-Media-Kanäle auf dem Laufenden zu halten und ihnen die Möglichkeit zu bieten, sich an Prozessen zu beteiligen. Meinem Team gegenüber habe ich bereits mehrmals erwähnt, dass mich das Areal des neuen Jugendtreffs etwas an die Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf erinnert. Sie macht sich auch die Welt, wie sie ihr gefällt. Genauso soll der Jugendtreff ein Ort werden, an dem sich die Jugendlichen gerne aufhalten und sich wohlfühlen. Dieser Ort kann und darf sich auch immer gemeinsam mit ihnen verändern und entwickeln. Jugendarbeit bedeutet stets, spontan zu sein und schnell auf die unterschiedlichsten Situationen zu reagieren. Das macht unsere Arbeit so vielfältig und toll.
4. Welche Aufgaben kommen dir neben der Betreuung des Jugendtreffs noch zu?
Es wird in Schaan ab Februar 2024 ein ganz neues Dreier-Team entstehen, und ich erhalte die aufregende Aufgabe, dieses Team zu leiten. Dabei ist es mir wichtig, dass sich jeder Mitarbeitende in die Arbeit einbringen und seine persönliche Note miteinfliessen lassen kann. Ich sehe mich dieser Aufgabe gewachsen und freue mich auf die neue Herausforderung. Die Organisation und Koordination des neuen Teams, die Planung von Aktivitäten und Veranstaltungen, die Budgetverwaltung und Koordination sowie die Weiterführung der aufsuchenden Jugendarbeit in Schaan werden künftig eine Hauptrolle in meiner Arbeit spielen. Ein weiterer besonderer Bestandteil wird die Projektarbeit sein. Dabei können sich Jugendliche aktiv mit einem Thema auseinandersetzen, das sie interessiert, dabei ihre eigenen Ideen, Fähigkeiten und Kompetenzen einbringen und weiterentwickeln. Ausserdem steht die Vernetzungsarbeit im Vordergrund. Unsere professionelle Arbeit mit den Jugendlichen soll weiterhin transparent und sichtbar bleiben. Nicht zuletzt werde ich versuchen, zwischen der aktiven Arbeit mit Jugendlichen und den administrativen Aufgaben eine gute Balance zu finden und die Qualität der Jugendarbeit stets im Auge zu behalten.
5. Crossfit, Klettern, Snowboardfahren und Bergsport – wenn man deine Hobbys betrachtet, bist du definitiv ein Bewegungsfan. Zudem hast du Ausbildungen gemacht zum Kampfesspieleanleiter, Übungsleiter im Sportklettern und Erlebnispädagoge. Warum ist es dir wichtig, Jugendlichen die Freude am Sport zu vermitteln?
Sport und Bewegung sind sehr gut, um Stress abzubauen und Depressionen vorzubeugen. Wenn wir sehen, wie schlecht es um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen steht, ist es umso wichtiger, sie zu mehr Bewegung zu animieren. Gemeinsam Sport zu treiben, ist auch ein idealer Eisbrecher in der Beziehungsarbeit und kann positiv dazu beitragen, mit Jugendlichen schneller in Kontakt zu kommen. Es schafft Zugehörigkeit und ein gewisses Gefühl der Zufriedenheit. Der neue Jugendtreff mit dem grossen Aussenbereich bietet dafür sehr viel Potenzial. Wir werden nach der Eröffnung gemeinsam mit den Jugendlichen herausfinden, in welche Richtung es gehen soll. Ich würde mich sehr freuen, wenn ein vielfältiges Angebot entsteht und möglichst viele Jugendliche etwas davon haben. Ich suche immer wieder nach Möglichkeiten, wie ich Sport mit meiner Arbeit verbinden kann. Die Ausbildung zum Kampfesspieleanleiter hat mich da sehr gereizt. Kampfesspiele sind eine Methode zur Gewaltprävention und Selbstbehauptung, welche speziell auf die Bedürfnisse von Buben zugeschnitten ist. In diesen Trainingseinheiten können die Jungs lernen, wie sie sich anderen gegenüber behaupten können, ohne gewalttätig zu sein. Selbstachtung, Mitgefühl, Stolz, Unterschiedlichkeit, innerer Schiedsrichter und gegenseitige Wertschätzung stehen im Fokus. Für mich ist Sport ein Lebensgefühl – mich macht Sport glücklich und zufrieden. Diese Erfahrung möchte ich teilen.
Foto: Brigitt Risch