Das schwarze Gold – der Lohn des Köhlerhandwerks
In Liechtenstein wurde bereits vor Jahrhunderten Holzköhlerei betrieben – ein uraltes Handwerk, das mittlerweile in Vergessenheit geraten ist. Mit der Durchführung des zweiten Köhlerfests auf dem Wisseler-Platz im Duxwald vom 20. Mai bis 4. Juni lässt die Gemeinde Schaan diesen Brauch wieder aufleben. Ein Blick in ein spannendes Kapitel der Geschichte.
Vielen ist das Köhlerfest auf dem Wisseler-Platz im Duxwald im Jahr 2014 in schöner Erinnerung geblieben. Für rund drei Wochen brannte damals der Meiler unter dem wachsamen Auge von Köhlermeisterin Doris Wicki und produzierte währenddessen 3000 Kilogramm Holzkohle. Ein spannender Vorgang, der von einem tollen Rahmenprogramm begleitet wurde. So ist die Freude gross, dass der Forstwerkhof der Gemeinde Schaan Ende Mai, Anfang Juni erneut ein Köhlerfest auf die Beine stellt. Um die Zeit bis dahin zu verkürzen und die Vorfreude zu steigern, geben die folgenden Zeilen Einblick in diese alte Handwerkskunst.
Die Geschichte der Köhlerei in Liechtenstein
Ein erster schriftlicher Hinweis auf das Handwerk der Köhlerei in Liechtenstein scheint 1515 auf. Da sie allerdings in den Waldordnungen des 16. bis 18. Jahrhunderts nicht einmal erwähnt wird, liegt der Schluss nahe, dass sie als Gewerbe in Liechtenstein eine eher unbedeutende Rolle spielte. Wahrscheinlich wurde die Köhlerei eher sporadisch betrieben, wenn eine erhöhte Nachfrage nach Holzkohle bestand oder Rodungs- und Windwurfholz verwertet werden mussten.
Doch auch wenn die Köhlerei im 20. Jahrhundert praktisch bedeutungslos war, erlebte sie in den Jahren der beiden Weltkriege, als die Energieversorgungslage schwierig war, eine kurzfristige Hochblüte. So sollen Viktor Banzer und Wilhelm Frommelt aus Triesen während des Ersten Weltkriegs Holzkohle in der Lawena produziert haben. Zwar kam die Holzverkohlung nach Kriegsende wieder zum Stillstand – allerdings nur, um während des Zweiten Weltkriegs erneut aufzublühen. Zu jener Zeit mussten die Schweiz und Liechtenstein feste Brennstoffe importieren, wobei das Deutsche Reich der Hauptlieferant war. Die Schweiz traf in der Folge kriegswirtschaftliche Massnahmen, die aufgrund des Zollvertrags auch Liechtenstein zugutekamen. Dazu gehörten die bessere Nutzung der heimischen Wälder als Rohstoffquelle, der Aufbau einer eigenen Holzkohlenproduktion sowie deren Schutz gegen ausländische Konkurrenz. Ausser für den Eigenbedarf wurde die Erzeugung von Holzkohle bewilligungspflichtig.
In Liechtenstein wurden Holz, Kohle und Heizöl ab 1939 nur noch gegen Bewilligungskarten abgegeben, wobei sich die Brennstoffzentralen bei den Ortsvorstehungen befanden. Laut Überlieferung sollen am 19. Februar 1941 Regierungschef Josef Hoop und sein Stellvertreter Alois Vogt nach Nendeln gefahren sein, um einen mobilen Holzverkohlungs-Apparat zu besichtigen. Solche «Verbrennungs-Öfen» versprachen, möglichst viel Holzkohle für den Antrieb von Traktoren, Lastwagen und Automobilen herzustellen. Durch den Verkauf der so gewonnenen Kohle sollten den privaten Waldbesitzern, Alpengenossenschaften und Gemeinden neue Einnahmequellen verschafft werden. Es war wohl der Triesenberger Gottlieb Eberle, der den Apparat als erster pachtete, danach folgte Rudolf Frick aus Schaan, der im Mittleren Valorsch Windwurf- und Dürrholz verkohlte. Offenbar soll der Kessel auf dem Schaaner Gebiet Sass, wo Karl Walser und Ludwig Beck Bergföhren verkohlt hatten, noch während vieler Jahre am Kohlplatz gelegen haben.
Als die Brennstoffversorgung wieder funktionierte, fand das kurze Aufleben des alten Handwerks der Holzköhlerei jedoch sogleich sein Ende. Seither existiert sie hierzulande nicht mehr.
Die Praxis der Meilerverkohlung
Neben der Ofenverkohlung war in Liechtenstein insbesondere die klassische Form der Meilerverkohlung gebräuchlich. Zum Bau eines Meilers gehören Erfahrung und Sorgfalt. Denn sowohl die Ausbeute als auch die Qualität der Holzkohle, die durch Erhitzen von Holz unter Luftabschluss hergestellt wird, sind entscheidend vom Können des Köhlermeisters abhängig.
Das Verfahren von Köhler Seeger in Malbun wird im «Volksblatt» 1941 beschrieben und beim Schaaner Köhlerfest traditionsgemäss praktiziert: Als erster Schritt wird das Holz in grossen Scheiten um einen in der Mitte errichteten dicken Pfahl geschichtet. Dabei achtet der Köhler darauf, dass Hohlräume vermieden werden, um jeden unerwünschten Luftzutritt bei der Verbrennung zu vermeiden. Der im Zentrum stehende Pfahl, das sogenannte «Füllihaus», entspricht einem vom Untergrund bis zum Meilerdach reichenden Kamin, in welchem später das Anzünden erfolgt. Je nach Bedarf werden so mehrere Schichten Holz um diesen Feuerherd gestapelt.
Aussen folgt eine Schicht dünnes Spalt- oder Astholz. Auch eine Decke aus Tannenreisig bietet sich an, um das Eindringen der Erde beziehungsweise des «Löschi» – einer Mischung aus Erde und Kohlestaub – zu verhindern, mit dem am Schluss der Holzhaufen abgedichtet wird. Nun kann der Pfahl herausgezogen werden. In den dadurch entstehenden Hohlraum wird glühende Holzkohle eingebracht, mit Stöckelholz aufgefüllt und anschliessend die Oberfläche abgedichtet, damit der Verkohlungsprozess unter weitgehendem Luftabschluss optimal erfolgen kann. Sobald dicker grauer Rauch aufsteigt, ist der Verbrennungsprozess in Gang.
Die Aufgabe des Köhlers ist es, den schwachen Luftzutritt durch die Erdschicht so zu regulieren, dass die Verbrennung langsam fortschreitet. Dies erfolgt durch das Öffnen von Zu- und Austrittsöffnungen für Luft und Rauchgase. Tag und Nacht gilt es, den Betrieb zu überwachen. Das bedeutet, der Köhlermeister muss stets in unmittelbarer Nähe bleiben. Die Kunst besteht darin, die Verbrennung bei sparsamem Luftzutritt in einer Weise zu leiten, dass nicht mehr Holz verbrennt, als erforderlich ist, um die Holzmasse auf die Verkohlungstemperatur zu erhitzen.
Der Meiler brennt nun von oben nach unten. Steigt irgendwann ein bläulicher Rauch auf, ist die Verkohlung abgeschlossen, und man lässt den Meiler abkühlen. Anschliessend kann die Abdeckung entfernt und das schwarze Gold entnommen werden – der Lohn des Köhlers für viele schlaflosen Nächte.
Wer sich selbst ein Bild vom Aufbau und der Funktionsweise eines Holzkohlenmeilers machen will, hat ab dem 20. Mai die Möglichkeit dazu. Dann wird der Meiler auf dem Wisseler-Platz angefeuert und für rund drei Wochen Kohle von höchster Qualität produziert.
Hier geht es zum Programm Schaaner Köhlerfest und Waldtag
Quelle: Arthur Brunhart, Die Köhlerei, Band 7 der Naturkundlichen Forschung im Fürstentum Liechtenstein
Fotos vom Aufbau des Köhlermeilers 2014 aus rund 35 Ster Buchenholz: Brigitt und Eddy Risch; Mitarbeiter Forstwerkhof