Serie Waldgeflüster: Das Hermelin – clever und flink wie ein Wiesel
Ein kleines Raubtier mit grossem Hunger und einem ganz besonderen Trick: Das Hermelin, auch grosses Wiesel genannt, wechselt zweimal im Jahr sein Fell – von hellbraun zu schneeweiss und wieder zurück. Im Interview erzählt es, was es mit diesem «Kleidungswechsel» auf sich hat, was seine Lieblingsspeisen sind und vor welchen Feinden es sich in Acht nehmen muss.
Na, hübsches Hermelin. Noch nicht im weissen Winterkleid unterwegs?
Das hängt noch im Schrank – sozusagen. (lacht) Solange es draussen nicht richtig kalt ist, bleibe ich lieber im hellbrauen Sommerfell. Das ist nämlich meine Tarnung. In der warmen Jahreszeit falle ich damit zwischen Erde und Gräsern kaum auf. Erst wenn Schnee liegt, wechsle ich zu weiss. Zumindest bis auf die schwarze Schwanzspitze. Da müsst ihr und meine tierischen Feine schon genau hinschauen, um mich überhaupt entdecken zu können.
Stimmt es, dass du täglich Fleisch auf dem Teller hast?
Ganz genau, ich bin schliesslich ein Raubtier – wie alle Marderartigen. Uns schmeckt Fleisch einfach am besten. Am liebsten fresse ich Mäuse. Aber auch junge Vögel, Hasen oder grössere Kriechtiere schmecken mir. Im Sommer gehe ich tagsüber auf die Jagd, im Winter lieber in der Dunkelheit. Mit meinen scharfen Sinnen – ich sehe, höre und rieche super – finde ich jede Beute. Manchmal stelle ich mich auch witternd auf die Hinterbeine und checke die Lage «aus der Höhe» ab. Habe ich dann was entdeckt, bin ich superflink, so flink wie ein Wiesel eben. Der Spruch kommt nicht von ungefähr. Ich kann mühelos springen, klettern und graben. Mit meinem schlanken, langgestreckten Körper und den kurzen, kräftigen Beinen komme ich selbst Mäusen in den engen Gängen ihrer Bauten hinterher.
Bis du ein Einzelgänger oder lieber mit Familie und Freunden unterwegs?
Ich bin ein Einzelgänger. Um andere Hermeline wissen zu lassen «Hier wohne ich! Besuch unerwünscht!» markiere ich meine Reviergrenzen mit Kot, Urin und Gerüchen. Nur Hermelin-Mamas machen eine Ausnahme vom Einsiedlerleben, wenn sie Nachwuchs haben. Dann leben sie einige Monate mit ihren Babys zusammen. Die drei bis zwölf Jungen sind bei ihrer Geburt richtig winzig. Sie wiegen gerade mal drei Gramm, etwa so viel wie drei Haselnüsse.
Und wo fühlst du dich von der Umgebung her am wohlsten?
Am liebsten lebe ich an Waldrändern, angrenzend an offene Landschaften – mit vielen Hecken, Büschen, Steinhaufen zum Verstecken und natürlich mit ganz vielen Mäusen. Ohne die geht gar nichts! Man kann sagen: Wo sich Mäuse tummeln, ist das Wiesel nicht weit. J Wir Hermeline sind ein paar Stunden am Tag aktiv. Danach ruhen wir in verlassenen Maulwurfs- oder Mäusehöhlen, Kaninchenbauten oder manchmal auch in Baumhöhlen, unter Wurzeln und in Steinhaufen. Unsere Nester polstern wir mit Laub und Gras gemütlich weich aus. Ein bequemes Bett ist wichtig für einen erholsamen Schlaf.
Hast du viele Feinde?
Leider gibt es so einige, vor denen ich mich in Acht nehmen muss. Greifvögel – vom Bussard bis zum Adler – haben es tagsüber auf mich abgesehen, während Uhu und Waldkauz nachts auf mich lauern. Auch Füchse und Dachse können mir gefährlich werden, wenn ich mich nicht schnell genug in Deckung bringe. Und dann ist natürlich der Mensch eine grosse Gefahr. Früher wurden wir Hermeline wegen unseres Fells gejagt. Der weisse Winterpelz war so wertvoll, dass er zu Mänteln für Könige verarbeitet wurde. Mittlerweile stehen wir glücklicherweise unter Schutz. Dennoch fordert der Strassenverkehr immer wieder zahlreiche Opfer, was sehr traurig ist.
Was wünschst du dir von den Menschen?
Zwei Dinge. Zum einen: Bitte fahrt immer vorsichtig und habt ein wachsames Auge auf uns Tiere – vor allem nachts. Zum anderen: Es wäre toll, wenn ihr dafür sorgen könntet, dass es an den Rändern von Feldern und Wiesen viele Hecken, Natursteinmauern und Asthaufen gibt. Sie bieten mir und vielen anderen Säugetieren, Reptilien und Insekten genügend Versteckmöglichkeiten. Vielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt bereichert bekanntlich das Leben aller.
Und zum Schluss: Verrätst du uns noch ein Geheimnis über dich?
Was die meisten nicht wissen: Wir Hermeline sind bemerkenswert guter Schwimmer und Taucher. Diese Fähigkeit entwickeln wir schon in jungen Jahren, und sie macht uns mit kleinen Ottern vergleichbar.
Grafik: Walser Grafik Est. / Fotos: Pixabay