
Hand in Hand im Kampf gegen Neophyten
Neophyten machen sich in Europa seit dem Ende des 15. Jahrhunderts breit. Doch das Bewusstsein ihrer Gefahren und ihre Bekämpfung sind noch vergleichsweise neu. In Liechtenstein wurden 1994 erstmals koordinierte Anstrengungen unternommen. In der jüngeren Vergangenheit haben sich diese intensiviert. Die Gemeinde Schaan kann dabei auf Unterstützung durch das hpz zählen.
Als Neophyten werden Pflanzen bezeichnet, «die nach dem Jahre 1492 infolge der Tätigkeit des Menschen ausserhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes wildlebend auftreten und sich fortpflanzen. Viele dieser Arten konkurrenzieren mit heimischen Arten und stellen damit eine Gefahr für die Biodiversität dar, gefährden unsere Gesundheit, beschädigen Infrastruktur und Bauwerke oder führen zu Ertragseinbussen in der landwirtschaftlichen Produktion.» Diese Definition stammt von der Website der Landesverwaltung, die sich für die Zurückdrängung der invasiven Arten einsetzt. Dazu zählt der Kirschlorbeer, der lange in Privatgärten gepflanzt wurde, genauso wie der Sommerflieder und die Goldrute, aber auch weniger bekannte Arten mit exotisch anmutenden Namen wie Östliches Zackenschrötchen oder Drüsiges Springkraut.
In Liechtenstein werden aktuell rund 100 Neophytenarten vermutet. Dazu gehören 20 invasive Arten, die bereits Probleme verursachen oder zumindest das Potenzial dafür besitzen. Es ist eine Reihe von Eigenschaften, welche die Neophyten so heikel für die heimische Pflanzenwelt macht. Sie verfügen über eine hohe Samenproduktion, wachsen schnell, nutzen Licht, Wasser und Nährstoffe überaus effizient, passen sich leicht an wechselnde Umweltbedingungen an, haben eine hohe Toleranz gegenüber Störungen und bilden rasch Dominanzbestände, die andere Pflanzen komplett verdrängen können.
Die Aussengruppe des hpz im Einsatz
Auch die Gemeinde Schaan hat sich der Bekämpfung von Neophyten auf ihrem Hoheitsgebiet verschrieben. Zuständig ist der Forstwerkhof. Unterstützung erhält er dabei von Franco Gunsch und seinem Team. Franco Gunsch ist gelernter Hauswart und arbeitet seit rund neun Jahren im Heilpädagogischen Zentrum (hpz). Er leitet dort eine Aussengruppe, die zahlreiche Aufgaben in der Natur übernimmt. «Zu Beginn des Jahres lichten wir im Auftrag des Schaaner Forsts Wälder aus, entfernen beispielsweise Winden oder die Gewöhnliche Waldrebe, besser bekannt als Niele, aus den Bäumen. Im April und Mai setzen wir Bäume. In den Sommermonaten widmen wir uns der Neophytenbekämpfung, solange sie noch nicht aussamen», sagt Franco Gunsch, der betont, dass jeder, der in der Aussengruppe tätig ist, das freiwillig und in aller Regel gerne macht.
Jede invasive Art ist anders
Der Tag beginnt für die Aussengruppe des hpz früh. Um 7.30 Uhr treffen die Mitarbeitenden ein, dann findet eine Lagebesprechung statt, in deren Rahmen der Tag geplant wird. Anschliessend geht es an die verschiedenen Einsatzorte zwischen Rheinauen und dem Wald an den Hanglagen. Das Team rund um Franco Gunsch profitiert von seiner Erfahrung und davon, dass neue Mitarbeitende von jenen lernen, die schon länger dabei sind. Denn nicht jede invasive Pflanze lässt sich auf die gleiche Art und Weise bekämpfen.
«Das Springkraut lässt sich recht einfach ausreissen. Das Berufskraut wiederum muss mitsamt seinen Büschelwurzeln ausgerissen werden. Dafür braucht es Gefühl. Sonst entstehen aus einer Wurzel vier bis acht neue Pflanzen. Entsprechend nützt auch ein Abmähen nichts», sagt Franco Gunsch. «Die Goldrute wiederum ist ein Flachwurzler, der dicht an dicht wächst und Magerwiesen überwuchert. Sie drängen wir über die Jahre langsam zurück, indem wir den Bestand jeden Sommer durch Ausreissen ausdünnen und die Pflanzen anschliessend vernichten.» Das Vernichten kann durch Verbrennen erfolgen oder durch ein tiefes Vergraben, damit die Neophyten sich nicht mehr vermehren können.
Biodiversität für kommende Generationen erhalten
Seine Motivation für den Kampf gegen die Ausbreitung der Neophyten, der für Aussenstehende wie eine Sisyphusarbeit scheinen mag, schildert Franco Gunsch folgendermassen: «Ich bin mit Herzblut dabei, denn ich möchte die Biodiversität fördern, die von den invasiven Arten stark gefährdet ist, und meinen Enkeln so die Ressourcen erhalten, die ich als junger Mann in Liechtenstein vorfinden durfte.» Daher ist es Franco Gunsch auch ein Anliegen, mit möglichst wenig Gift zu arbeiten, um Pflanzen, Insekten und Grundwasser zu schonen. Manchmal kommen er und sein Team aber nicht darum herum. «Den Sommerflieder schneiden wir zum Beispiel ab und bestreichen den Wurzelstock mit einem Pinsel mit Gift. Nach drei Tagen, in denen es aber trocken sein muss, ist die Pflanze abgestorben. Dieser dosierte Einsatz ist unbedenklich. Das Spritzen von Gift käme für uns hingegen nicht infrage.»
Seine Arbeit macht Franco Gunschaber nicht nur Freude, weil er sie als sinnvoll empfindet. «Der Spass im Team und das Interesse, der Lerneifer sowie das Engagement meiner Mitarbeitenden motivieren mich Tag für Tag zusätzlich und sorgen dafür, dass ich gerne zur Arbeit gehe», sagt er mit einem zufriedenen Lächeln.
Fotos: Brigitt Risch