
Serie Waldgeflüster: Das Grosse Mausohr – Batman im Wald
Mit einer Körpergrösse von acht Zentimetern gehört sie nicht zu den Riesen im Wald. Aber wenn sie nachts am mondbeschienenen Himmel mit einer Flügelspannweite von rund 40 Zentimetern ihre Runden dreht, zieht sie stets faszinierte Blicke auf sich. Verständlich, dass sich viele Geschichten um die Fledermaus ranken. Das Grosse Mausohr gibt uns einen Einblick in ihr Leben in Dunkelheit.
Hey Batman, was bist du denn für ein lustiger Vogel?
Auch wenn ich Flügel besitze, bin ich kein Vogel, sondern ein Säugetier. Genauer gesagt bin ich das einzige Säugetier, das sich vor rund 70 Millionen Jahren die Fähigkeit angeeignet hat, sich in der Luft fortzubewegen. Ich bin also nicht nur ein lustiges, sondern vor allem auch ein raffiniertes Tier.
Warum sieht man dich fast nie?
Weil ich die Tage am liebsten in den Dachstöcken von Kirchen und alten Häusern sowie in Baumhöhlen verschlafe. In der Sonne ist es mir zu hell und zu heiss. Erst, wenn es eindunkelt, begebe ich mich auf Nahrungssuche, wobei ich vor allem nach grossen Käfern am Boden Ausschau halte. Wollt ihr mich also sehen, schaut ihr am besten nachts in den Himmel, wenn der Mond hell scheint. Übrigens braucht ihr keine Angst zu haben, dass ich mit euch zusammenpralle. Dafür bin ich viel zu geschickt. Ihr spürt vielleicht maximal einen Lufthauch über eurem Kopf.
Nachts ist es doch dunkel. Wie findest du da deine Nahrung?
Ich bin Experte im Jagen mit Ultraschall-Echo-Ortung. Habt ihr schon mal ein Echo gehört – zum Beispiel, wenn ihr in den Bergen oder in grossen Räumen laut ruft? So ähnlich müsst ihr euch das vorstellen. Ich sende im Fliegen Ultraschalllaute aus. Anhand des Echos, das zurückkommt, kann ich die genaue Position, Grösse und Art meiner Beute bestimmen. Das ist ein ausgeklügeltes System, das mir auch hilft, mich im Dunkeln zu orientieren und Hindernisse zu erkennen. Übrigens bin ich beim Fliegen so flink, dass mir keine Beute entgeht – egal, ob es ein Käfer am Boden oder auch ein Insekt in der Luft ist. Mit meinen spitzen Zähnen knacke ich selbst die härtesten Käferpanzer.
Wenn du Insekten am Boden bevorzugst, ist der Wald ein blödes Jagdgebiet. Da stehen doch überall Bäume …
Das stimmt, aber dank meiner Geschicklichkeit ist das kein Problem – wobei ich gewisse Wälder anderen vorziehe. Am liebsten sind mir Wälder mit alten Laubbäumen, die relativ weit voneinander entfernt stehen und grosse Baumkronen haben. Um die Stämme kann ich wunderbar herumflitzen und durch die ausladende Baumspitze kommt wenig Sonnenlicht auf den Boden, sodass dort kaum Sträucher wachsen und meine Beute gut greifbar ist. Ausserdem leben in alten Laubbäumen sehr viele Käfer. Das ideale Jagdrevier für Batman.
Was machst du denn im Winter, wenn es fast keine Käfer gibt?
Dann macht es für mich wenig Sinn, unterwegs zu sein. Ausserdem ist es mir im Winter zu kalt zum Fliegen. Da verbringe ich die Zeit lieber kopfüberhängend und träge an einem trockenen Ort und warte, bis es wieder Frühling wird. Mit dieser Lebensweise werde ich bis zu fünf Jahre alt. Man erzählt sich sogar, dass ein Verwandter von mir 25 Jahre alt geworden sein soll. Apropos Kopfüberhängen: So bringen wir auch unsere Babys zur Welt. Das Weibchen presst während der Geburt ganz kräftig, und sobald das Neugeborene da ist, schliesst die Mama ihre Flügel, um es vor dem Herunterfallen zu schützen. Das Junge klammert sich dann an seine Mutter und wird zur Zitze geführt.
Du gehörst leider zu den gefährdeten Tieren. Wieso?
Durch Neubauten und Sanierungen gibt immer weniger alte Dachstöcke, in denen wir Unterschlupf finden. Auch belebte Strassen, die durch Waldgebiete führen, können uns zum Verhängnis werden. Zu viel Licht im Dunkeln stört uns bei unseren nächtlichen Ausflügen und verwirrt uns teils so sehr, dass unser Ortungssystem versagt. Wir brauchen die Dunkelheit zum Überleben.
Was können wir Menschen machen, um dir zu helfen?
Schön wäre es, wenn euer Haus über einen alten, dunklen Dachboden verfügt, den ihr uns als Unterschlupf zur Verfügung stellt. Wenn ihr einen Garten habt, könnt ihr zum Beispiel mit einem Weiher und geeigneten Pflanzen zu einem vielfältigen Käfer- und Insektenangebot beitragen. Ausserdem schätzen wir einheimische Hecken und Bäume, da sie die Landschaft strukturieren und uns bei der Orientierung im Jagdgebiet helfen. Die Gemeinde Schaan hat uns mit dem neuen geschützten Waldreservat im Forst eine grosse Freude bereitet. Genau in solchen Wäldern mit alten Baumbeständen fühlen wir uns am wohlsten. Dafür sind wir dankbar.
Grafik: Walser Grafik Est.