
«Ein Herz muss Hände haben und Hände ein Herz»
Seit 2019 vernetzt die Organisation «Zeitpolster Liechtenstein» Freiwillige mit Menschen, die Unterstützung im Alltag benötigen. Das Angebot an Dienstleistungen ist dabei enorm breit und reicht von Fahrdiensten bis hin zur Haustierbetreuung. Ansprechperson in der Gemeinde Schaan ist Maria Hälg. Im Interview erklärt sie, warum Zeitpolster ein Gewinn für alle Beteiligten ist.
1. Auf der Website des Betreuungs- und Vorsorgenetzes «Zeitpolster.li» steht folgendes Zitat von dir: «Jetzt habe ich Energie und Zeit. Später kann ich diese von anderen annehmen.» War dieser Gedanke dein Ansporn, dich für Zeitpolster zu engagieren?
In unserer Familie herrschte immer das Credo: Ohne das Miteinander geht es nicht. Meine Eltern haben stets geholfen, wenn Not am Mann oder der Frau war. Das hat mich stark geprägt. So habe ich mich neben meiner Aufgabe als Familienfrau immer ehrenamtlich betätigt – ein Engagement, das manchmal in einem Vollzeitjob endete. Und noch heute bin ich in mehreren Organisationen ehrenamtlich tätig. Dass ich stets die Möglichkeit dazu hatte, betrachte ich als Privileg. Als die Anfrage kam, ob ich bei Zeitpolster mitmachen möchte, war meine Motivation die demographische Entwicklung, die unaufhaltsam auf uns zukommt. Nur wenn wir der Jugend vorleben, auf was wir im Alter zählen möchten, dürfen wir hoffen, dass dieses soziale Engagement auch in der nächsten Generation weiterlebt. Übrigens sind nicht nur ältere Personen auf Hilfe angewiesen. Auch die junge Generation, die in unserem Land kein familiäres Netzwerk hat, ist oft froh über Unterstützung. Für mich gilt der Leitspruch: «Ein Herz muss Hände haben und Hände ein Herz».
2. Du sprichst die demographische Entwicklung an – also die «Überalterung der Gesellschaft». Denkst du, dass die Nachfrage nach Angeboten wie Zeitpolster künftig zunehmen wird?
Wenn wir es schaffen, eine grosse Akzeptanz für solche Angebote in der Gesellschaft zu erwirken, denke ich, dass die Nachfrage bei Jung und Alt zunehmen wird. Die erforderliche Berufstätigkeit beider Geschlechter erlaubt es vielen Personen nicht, gewisse Aufgaben im eigenen Umfeld zu übernehmen – zum Beispiel, ältere Personen beim Arztbesuch zu begleiten. Selbst wenn sie es gerne machen würden, fehlt ihnen aufgrund ihrer Verpflichtungen die notwendige Flexibilität. In solchen Fällen kann Zeitpolster entlasten. Es gibt viele Seniorinnen und Senioren, die noch fit sind und gerne solche Aufgaben übernehmen. Falls sich jüngere Menschen bei Zeitpolster engagieren wollen, freuen wir uns natürlich ebenso sehr. Die Solidarität zwischen allen Altersgruppen ist wichtig.
3. Wenn sich jemand für Zeitpolster engagieren möchte: Welche Dienstleistungen sind überhaupt gefragt? Und welche Eigenschaften müssen die Helfenden mitbringen?
Jeder Mensch, der sich überlegt, ehrenamtlich tätig zu werden, bringt bereits gute Eigenschaften mit, die bei Zeitpolster gebraucht werden. Wir suchen Menschen, die wissen, wo ihre Stärken liegen und die sich in Bereiche einbringen möchten, die ihnen Freude bereiten. Auch kann jede und jeder selbst bestimmen, wie viel Zeit er investieren möchte. Da Zeitpolster ein breit gefächertes Angebot hat, sind sehr viele Hilfeleistungen gefragt. Diese reichen vom Blumengiessen bei Ferienabwesenheit über Fahrdienste bis hin zu kleinen Reparaturen oder Rasenmähen. Dabei gehen unsere Dienstleistungen aber nie so weit, dass wir die Profis in den angebotenen Bereichen ersetzen. Wir unterstützen einfach, wo Hilfe gefragt ist.
4. Es heisst: Helfen macht glücklich. Kannst du das bestätigen?
Helfen ist definitiv eine sehr bereichernde Aufgabe. Manchmal sind es nur die strahlenden Augen oder ein warmer Händedruck, die einem ein Glücksgefühl vermitteln. Zum Beispiel hat mich vor einiger Zeit eine Frau angerufen, um sich überschwänglich für die Unterstützung zu bedanken. Das sind schöne Momente. Das Engagement «Helfen» bringt auch Menschen zusammen, die sich sonst nie begegnet wären und ist beidseits bereichernd. Es kommt immer wieder vor, dass jemand die Unterstützung von einer ganz speziellen Person wünscht, da es auf der menschlichen Ebene so gut passt. Es ist auch schon passiert, dass sich Beziehungen verselbstständigt haben und die Hilfeleistungen anschliessend direkt – also nicht mehr über Zeitpolster – organisiert wurden. Ich freue mich, wenn aus Begegnungen Freundschaften entstehen.
5. Weihnachten steht vor der Tür. Wenn du dir etwas wünschen dürftest, was wäre das?
Ich wünsche mir ein solidarisches Miteinander, dass sich sehr viele Menschen ehrenamtlich engagieren und somit unseren sozialen Zusammenhalt fördern. Denn Frieden fängt im Kleinen an. Reichen wir einander die Hände und helfen uns gegenseitig in ganz alltäglichen Dingen. Übrigens, für alle, die noch auf der Suche nach einem sinnvollen Weihnachtsgeschenk sind: Zeitpolster bietet auch Gutscheine an, damit die Dinge, die im familiären Umfeld nicht geleistet werden können, durch unsere helfenden Hände erledigt werden können. Frieden, Solidarität, Gemeinschaft, Freude – das wünsche ich allen, nicht nur zu Weihnachten
Foto: Brigitt Risch