«Die Digitalisierung schafft Raum, um Persönliches zu erhalten»
Ab 1. Januar 2026 tritt in den Liechtensteiner Gemeinden die digitale Amtssignatur in Kraft – ein wichtiger Schritt in Richtung moderne Verwaltung. Was sich hinter der elektronischen Signatur verbirgt, wie sicher sie ist und warum trotz Digitalisierung das Persönliche nicht verloren geht, erklärt Gunter Dobratz, Digitalisierungsbeauftragter der Gemeinde Schaan, im Interview.
1. Du bist bei der Gemeinde Schaan zuständig für die Umsetzung und Einführung der digitalen Amtssignatur. Da es sich um ein landesweites Projekt handelt, hast du dafür eng mit den anderen Gemeinden zusammengearbeitet. Welche Herausforderungen galt es zu bewältigen?
Die erste Herausforderung bestand darin, die Arbeitsgruppe zu bilden – das geschah nach den Sommerferien im August 2025. In allen Gemeinden mussten die passenden Ansprechpersonen gefunden werden, die neben ihrem Tagesgeschäft auch das nötige Zeitbudget für diese Zusatzaufgabe mitbrachten. Anschliessend ging es darum, ein gemeinsames Verständnis für die Zielsetzung zu schaffen, bevor wir damit beginnen konnten, die «signaturwürdigen» Dokumente zusammenzutragen. Gerade dieser Schritt war anspruchsvoll, weil die gleichen Dokumente in den verschiedenen Gemeinden teils unterschiedlich benannt und die Prozesse nicht einheitlich sind. Das Fachgremium einigte sich schliesslich auf einen gemeinsamen Standard, der später von der Vorsteherkonferenz verabschiedet wurde – ebenso wie die gemeinsame Kommunikation nach aussen. Rückblickend kann ich sagen: Es gab einige Hürden zu bewältigen, aber wir haben sie gemeinsam schnell und effizient gemeistert.
2. Am 1. Januar 2026 wird die digitale Amtssignatur eingeführt. Was ändert sich dadurch für die Einwohnerinnen und Einwohner? Gehört die Unterschrift von Hand damit endgültig der Vergangenheit an?
Für amtliche Schreiben gehört die handschriftliche Unterschrift ab dann tatsächlich der Vergangenheit an. Künftig gilt das elektronisch signierte Dokument als Original und kann somit auch per E-Mail versendet werden. Das bedeutet für viele Einwohnerinnen und Einwohner eine deutliche Erleichterung – sie müssen für gewisse Unterschriften nicht mehr persönlich bei der Gemeinde vorbeikommen. Gleichzeitig bleibt der persönliche Kontakt wichtig: Wer lieber am Schalter vorbeischaut oder Fragen direkt stellen möchte, ist bei der Gemeinde weiterhin willkommen. Die elektronische Amtssignatur ist aber nur der erste Schritt auf dem Weg zur vollständigen Ablösung der Unterschrift. Ein nächster Meilenstein wird die Anwendung der eID sein. Damit können dann auch Anträge und Verträge bequem von zu Hause aus elektronisch unterschrieben werden. Ich vermute mal, dass das in rund zwei Jahren der Fall sein wird.
3. Es wird immer wieder betont, dass die Dokumentensicherheit durch die digitale Amtssignatur erhöht wird. Warum ist digital sicherere als analog?
Die Echtheit einer physischen Unterschrift zu prüfen, ist enorm aufwendig – und selbst dann lässt sich nie mit absoluter Sicherheit ausschliessen, dass ein Dokument im Nachhinein verändert wurde. Bei elektronisch signierten Dokumenten ist das anders: Ihre Echtheit und Unveränderbarkeit lassen sich unmittelbar überprüfen. Die digitale Signatur basiert auf einem mathematischen Verfahren, das jede nachträgliche Änderung erkennt – sie gilt zum heutigen Zeitpunkt als unverfälschbar. Ein weiterer Sicherheitsfaktor ist die Ablage in der elektronischen Akte, denn der Gemeindeserver wird regelmässig gesichert und ist gegen externe Zugriffe geschützt.
4. Ein aufgedruckter Stempel auf dem Dokument weist darauf hin, dass ein Dokument mit einem elektronischen Siegel versehen ist. Kann ich als «Normalbürger» selbst nachprüfen, ob ein Dokument echt ist?
Das kann jede Einwohnerin und jeder Einwohner in Sekundenschnelle tun – über die Internetseite der liechtensteinischen Landesverwaltung www.llv.li/signaturpruefung.
5. Die digitale Amtssignatur ist ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung. Ganz kritisch gefragt: Geht damit nicht das Persönliche verloren, das die Liechtensteiner Gemeinden von grossen Städten unterscheidet und sie auszeichnet?
Im Gegenteil. Die Digitalisierung schafft gerade den Raum, um das Persönliche zu erhalten. Die Aufgaben in einer Gemeindeverwaltung werden immer komplexer und umfangreicher – ohne Digitalisierung könnten wir sie kaum mehr effizient bewältigen. Digitale Prozesse helfen uns, Arbeiten zu beschleunigen und Zeit zu gewinnen – Zeit, die wir dann in den persönlichen Austausch mit den Menschen investieren können. Das bedeutet: Der Schalter im Rathaus bleibt selbstverständlich bestehen. Schaan bleibt auch in Zukunft persönlich.
Foto: Tatjana Schnalzger