Schaan – die unübertroffene Fasnachtshochburg
Noch vor einem Jahr hätte wohl niemand gedacht, dass nach einem Jahr «Abstinenz» auch die Fasnacht 2022 von der Pandemie geprägt sein würde. Doch zumindest gibt es eine "Fasnacht light" – und den Kopf hängen lassen, nützt sowieso nichts. Deshalb räumen wir, der Wehmut zum Trotz, der Geschichte der Schaaner Fasnacht einen Ehrenplatz ein! In diesem Sinne: Ein dreifaches «allwäg kwösoo» auf unsere Fasnachtshochburg!
Schaan ist seit vielen Jahrzehnten die Liechtensteiner Fasnachtshochburg, in der es in der fünften Jahreszeit hoch hergeht – mit den meisten Fasnachtsveranstaltungen im Land und mit einem unübertroffenen Fasnachtsumzug. Die Umzugstradition geht in die 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Aber bereits am 4. März 1908 berichtete Maria Grabher-Meyer über einen närrischen Umzug in Schaan, der mit Katzenmusik vom Mühleholz hereinkam.
Polizeiordnung von 1844
Anhaltspunkte, dass schon im Liechtenstein des 19. Jahrhunderts ausgiebig Fasnacht gefeiert wurde, liefert die am 1. Januar 1844 in Kraft getretene Polizeiordnung, die von Alois Joseph, Fürst und Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein, erlassen wurde. Darin wird in den Abschnitten über die öffentliche Sicherheit und die Handhabung der Sittlichkeit unter anderem ausgeführt, dass «alle Tanzunterhaltungen und sonstigen Belustigungen am Faschingdienstage um 12 Uhr Nachts aufzuhören haben und dass das Herumgehen der Masken im Fasching, die Besuche derselben in Privathäusern, besonders zur Nachtszeit, verboten wird, und die in der Uebertretung Angehaltenen eingezogen werden».
Der FC schreitet zur Tat
Trotz Verboten gab es im Lauf der Jahrzehnte immer wieder Unterhaltungen und andere närrische Anlässe von Dorfvereinen. Sogar während des Ersten Weltkriegs führte beispielsweise die Harmoniemusik solche Fasnachtsveranstaltungen durch. 1952 rief der Fussballclub dann die Schaaner Fasnacht, wie sie heute bekannt ist, ins Leben – und hat damit den Grundstock dafür gelegt, dass Schaan noch heute als die Narrenhochburg des Landes gilt.
Es wurde der erste Umzug am Fasnachtssonntag organisiert und unter das damals noch unverfängliche Motto «Kenia-Niggers gegen Hollywood-Stars» gestellt. Weil das Geld in der Kasse fehlte, wurden mit Blechbüchsen Spenden gesammelt, die der Infrastruktur des Fussballklubs zugutekamen. Dies war der Startschuss für die langjährige und erfolgreiche Schaaner Umzugstradition. (hier geht’s zum Blog-Artikel zur Geschichte des Fasnachtsumzugs)
Ein letztes Mal unter der alleinigen Regie des FC Schaan stand die Fasnacht 1957. Im Herbst des gleichen Jahres wurde die Verantwortung an das Vereinkartell übertragen, da der Anlass für den Fussballklub allein zu gross geworden war. 1958 beteiligten sich bereits 17 Gruppen am Umzug. Ganz aus der Fasnacht zurückgezogen hat sich der FC 1957 aber noch nicht, denn im Fasnachtskomitee des Vereinskartells sassen zwei Mitglieder jedes Dorfvereins.
Die Narrenzunft übernimmt
Am 20. September 1965 fand im Hotel Schaanerhof die eigentliche Gründung der ältesten Narrenzunft Liechtensteins statt und der Narrengruss «allwäg kwösoo» wurde kreiert. 1966 trat die Zunft als Veranstalterin des Fasnachtsumzugs vom 20. Februar unter dem Motto «Schaaner Fasnacht maximal» auf. 28 Gruppen nahmen daran teil. Neben der Organisation des Umzugs sah es die Narrenzunft auch als ihre Aufgabe an, «der Jugend eine schöne und saubere Fasnacht zu vermitteln». 1977 wurde das 25-Jahr-Jubiläum der Schaaner Fasnacht gefeiert. Der Umzug zog – trotz starken Föhnsturms – rund 15'000 Zuschauer an.
Ebenfalls in den 70er-Jahren, um genau zu sein 1971, gelangte die Narrenzunft mit dem Antrag an den Gemeinderat, die drei Kellerräume im alten Schulhaus für Vereinszusammenkünfte zu benutzen. Der Gemeinderat stimmte einstimmig zu, die Räume gratis zur Verfügung zu stellen. Für die Gestaltung müsse die Narrenzunft aber selbst besorgt sein. Damit war der Narrenkeller war geboren.
1976 organisierte die Narrenzunft erstmals das inzwischen bestens etablierte Monsterkonzert, damals noch auf dem St. Peter-Platz, an dem sich rund 300 Guggenmusiker beteiligten. Es war der Beginn einer neuen Tradition, mit der die Bevölkerung auf den traditionellen Umzug vom Fasnachtssonntag eingestimmt wurde. Seit 1992 findet das mittlerweile weitherum bekannte und beliebte Monsterkonzert vom Fasnachtssamstag jeweils auf dem Lindenplatz statt.
Fasnacht wird grösser und grösser
In den 80er-Jahren wurde der Umzug immer grösser: Ausländische Guggenmusiken sorgten für musikalische Abwechslung, Fasnachtsgilden aus dem Ausland belebten das Bild, aber auch traditionsreiche Fasnachtsgruppen aus Schaan und anderen Liechtensteiner Gemeinden brachten Leben in den oft über 70 Gruppen umfassenden Zug. Inzwischen wurden schon Zuschauerzahlen von deutlich über 20‘000 erreicht.
Im Januar 1991 brach nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait im Jahr zuvor in der Golfregion Krieg aus. Aus Solidarität mit den Opfern des Krieges und deren Angehörigen wurden sämtliche Fasnachtsveranstaltungen abgesagt. Es wäre das 25-Jahr-Jubiläum der Narrenzunft gewesen und die meisten Vorbereitungen für Monsterkonzert, Umzug, Zunftabend und Kindermaskenball waren bereits abgeschlossen.
Übrigens: Seit Jahren beginnt die närrische Zeit und damit die hauptsächliche Einsatzzeit der Schaaner Narrenzunft nicht in der Woche von Monsterkonzert und Umzug, sondern am 11.11. mit der traditionellen Schlüsselübergabe vor dem Rathaus. Exakt um 11.11 Uhr gibt die Narrenzunft jeweils ihr Fasnachtsmotto bekannt, wobei sie es seit ihrer Gründung immer wieder verstanden hat, die Schaaner Fasnacht unter spezielle Mottos zu stellen, die da lauteten «Mit Glanz und Firlefanz», «Luag di sälbert aa» oder «Schaa wörd gross – es duuret bloss». Für das aktuelle Jahr 2022 lautet der hoffnungsvolle Slogan «Alls wörd guat».
Unterstützung durch Gemeinde und Freiwillige
Ganz allgemein ist die Fasnacht im Hintergrund heute breiter aufgestellt als noch zu Zeiten der Gründung der Narrenzunft. Die Gemeinde unterstützt die Fasnachtstradition finanziell wie personell und die Kulturkommission, die Schaaner Vereine und die Fasnachtsgruppen sowie zahlreiche freiwillige Helferinnen und Helfer arbeiten eng mit der Narrenzunft zusammen. Nach wie vor ist die Narrenzunft als Organisation hinter der Fasnacht aber unerlässlich. Sie steht an den Schaaner Veranstaltungen im Einsatz und nimmt auch selber an Fasnachtsumzügen teil. Dank ihres jahrzehntelangen, unermüdlichen Einsatzes hat sie dem Schaaner Ruf als Fasnachtshochburg der Region alle Ehre gemacht.
Quellen: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Broschüre 30 Jahre Narrenzunft Schaan, Buch 60 Jahre FC Schaan 1949 – 2009, Chronik – 50 Jahre Schaaner Fasnacht, Gemeinderatsprotokolle 1971 und 1972, Blickpunkt 2015
Bildnachweis: Eddy Risch, Monsterkonzert 2019
Und weils grad so schön ist, hier noch ein filmischer Fasnachtsrückblick, den die Kulturkommission 2021 erstellen liess – nicht mehr ganz aktuell, aber deshalb nicht weniger sehenswert!