Zwei Wagen als Initialzündung für den Fasnachtsumzug

Der Schaaner Fasnachtsumzug gehört jedes Jahr zu den spektakulären Höhepunkten des fasnächtlichen Treibens in Liechtenstein. Die bunten Masken und Verkleidungen sowie die aufwändig gestalteten Fasnachtswagen, die auf humorvolle Weise Ereignisse aus Politik und Zeitgeschehen thematisieren, sorgen jeweils für viel Gesprächsstoff. Eine schöne Tradition in der Fasnachtshochburg Schaan, die mittlereile auf mehr als 70 Jahre zurückblicken kann.

Als Fussballer die Fasnacht prägten

Alles begann im Jahr 1952, als der Fussballclub Schaan den Fasnachtsumzug ins Leben rief und damit den Grundstock für diese geschätzte Tradition im Schaaner Kulturleben legte. Unter dem damals noch unverfänglichem Motto «Kenia-Niggers gegen Hollywood-Stars» wurde am Fasnachtssonntag des besagten Jahres der erste Umzug in Schaan organisiert. Die Brauerei Haldengut sowie das Café Risch stellten jeweils ein Fahrzeug zur Verfügung, welche von Friedrich Kaufmann und Güst Hilti mit viel Enthusiasmus bemalt und dekoriert wurden. Maler Markus Jehle schminkte schliesslich die Teilnehmer und damit konnte der Umzug beginnen.

Um die Vereinskasse aufzubessern, bemühten sich die Vorstandsmitglieder mit Blechbüchsen, Spenden zu sammeln. Allerdings säumten zunächst nur wenige Schaulustige die Strassen und so sah der Ertrag entsprechend mager aus. Um die Kassen dennoch zum Klimpern zu bringen, beschlossen die Umzugsteilnehmer kurzerhand, einen Abstecher nach Vaduz zu machen und dort ihr Glück zu versuchen. Ein Vorhaben, das allerdings vor Ort auf wenig Gegenliebe stiess. So erklärte der Wirt des Restaurant Adler den Schaaner Fasnächtlern, dass sie sich gefälligst wieder dorthin zurückziehen sollten, wo sie hingehörten. Auch wenn dieser Rat vermutlich nicht gut gemeint war – gut war er dennoch. Denn zurück in Schaan fanden die Fussballer trotz der kalten Witterung eine staatliche Anzahl Zuschauer vor, die ihren Obolus entrichteten und den Umzug bis zum Flugplatz und gleichzeitigem Fussballplatz begleiteten. Dort sorgte dann ein Fussballspiel der Kenia-Niggers gegen die Hollywood-Stars für weitere Einkünfte. Die Kenia-Niggers traten an in Baströckchen und mit schwarz bemalten Gesichtern. Die Hollywood-Stars als Damen vom Film verkleidet. Die Mannschaften trennten sich schliesslich mit einem versöhnlichen 4:4-Unentschieden. «Der Reinerlös für die Anstrengungen des FC Schaan belief sich auf 412 Franken, einige Schillinge und sechs Hosenknöpfe», notierte damals ein Vereinsmitglied.

1953 war die zweite Auflage des Umzugs bereits organisiert, musste jedoch aufgrund eines tragischen Unfalltods wieder abgesagt werden. Und auch im folgenden Jahr kam kein Umzug zustande. Erst 1955 durfte sich die Bevölkerung wieder über einen Fasnachtsumzug freuen, wenn auch in bescheidenem Umfang. Im Folgejahr sorgte der Fussballclub dann aber wieder für ein grösseres Spektakel unter dem Motto «Dr Flett wörd verschossa». Ein letztes Mal unter der alleinigen Regie des FC Schaan stand die Fasnacht im Jahr 1957, als sich ein Umzug mit nur drei Wagen durch das Dorf bewegte. Dennoch schlossen sich viele Einwohner diesem Zug an.

Und Jahr für Jahr wurde der Umzug grösser

Da der Anlass für den Fussballclub zu gross geworden war, übernahm das Vereinskartell im Herbst 1957 die Verantwortung für die Organisation. 1958 beteiligten sich bereits 17 Gruppen am Umzug. Bis 1963 wurde jedes Jahr ein Umzug durchgeführt. 1964 verhinderte schliesslich die Maul- und Klauenseuche im Lande die Durchführung eines Umzugs. 1991 wurde wegen kriegerischen Auseinandersetzungen in der Golfregion im Nahen Osten die Schaaner Fasnacht abgesagt. Und die Corona-Pandemie verunmöglichte den Umzug im Jahr 2021. Es sind beide Daumen gedrückt, dass das Jubiläumsjahr 2022 mit einem festlichen Umzug gefeiert werden kann. In diesem Sinne: «Allwäg kwösoo» – die Fasnacht kann kommen!

Quelle: «Jetz muass afach eppis goo!! 60 Jahre FC Schaan 1949-2009»

Auftaktbild: Gemeindearchiv Schaan, Foto von 1956