«Der Nikolaus liebt das Lob mehr als den Tadel»
Weise, warmherzig, mit weissem Bart und von beeindruckender Statur – so sieht der Nikolaus nicht nur in Büchern, sondern auch in Schaan aus. Albert Eberle, ehemaliger Abteilungsleiter bei der Gemeindeverwaltung Schaan, begeistert in dieser Rolle seit vielen Jahren Alt und Jung. Warum er die Idealbesetzung für den Nikolaus ist? Lest selbst.
1. Seit sechs Jahren prägst du gemeinsam mit Krampus Ralf Wenaweser die traditionelle Seniorenadventsfeier, und seit vier Jahren bist du als Nikolaus namensgebend für den Schaaner Nikolausmarkt. Wie bist du zu dieser vorweihnachtlichen Aufgabe gekommen und was zeichnet Nikolaus Albert aus?
Es war noch vor der Coronazeit als mich Gemeindevorsteher Daniel Hilti bat, bei der Adventsfeier der Schaaner Senioren als Heiliger Nikolaus aufzutreten. Ich sagte gerne zu und fragte meinen Sängerkameraden Ralf Wenaweser, ob er an meiner Seite die Rolle des Krampus’ spielen möchte. Auch er war sogleich mit Freude dabei. Der Einsatz am Nikolausmarkt kam dann zwei Jahre später dazu, als die Schaaner Pfadfinder diese Aufgabe nicht mehr übernehmen konnten. Ralf mit seinem schönen, echten, langen Bart und ich mit meiner stattlichen Figur bilden ein gutes Gespann und harmonieren grossartig. Das zeigen auch die tollen Fotos vom vergangenen Nikolausmarkt und der Seniorenadventsfeier, die mich doch ein wenig stolz machen. Wir wurden auch schon öfters von verschiedenen Seiten für unsere würdevollen und ruhigen Auftritte gelobt.
2. Seniorinnen und Senioren haben im Gegensatz zu Kindern andere Erwartungen an einen Nikolaus. Sind da Lob und Tadel gefragt? Oder wie lassen sich die älteren Semester am besten begeistern?
Das stimmt. Die Aufgabe des heiligen Bischofs ist bei der Nikolausfeier der Senioren eine andere als am Nikolausmarkt, obwohl der Nikolaus an beiden Anlässen Geschenke verteilt. Beim Markt gehen der Krampus und der Nikolaus individuell auf jedes Kind ein. Bei der Adventsfeier hingegen wenden wir uns nur sporadisch einzelnen Besuchern zu oder wir werden von diesen herbeigerufen. Manchmal tragen die Seniorinnen und Senioren uns dann Nikolausgedichte vor, die ihnen noch aus der Kindheit präsent sind. Grundsätzlich läuft mein Auftritt aber so ab, dass ich nach dem feierlichen Einzug bei der Adventsfeier eine besinnliche Ansprache halte. Diese zu erstellen, bedingt eine nicht unerhebliche Vorbereitungszeit. Dabei haben mir die Literaturtipps von Schwester Regina und Schwester Ruth vom Schaaner Kloster stets gute Dienste geleistet. Auch eine Reise nach Bari zur Basilika des Heiligen Nikolaus hat mein Wissen über den verehrten Heiligen vergrössert. Letztes Jahr habe ich beispielsweise die Geschichte erzählt, wie als Pilger verkleidete Seeleute aus Bari vor rund tausend Jahren die Gebeine des heiligen Nikolaus von Myra nach Italien entführt haben. Das Thema der diesjährigen Ansprache verrät der Nikolaus aber natürlich noch nicht.
3. Am Nikolausmarkt bist du das Highlight für die Kinder. Wie schafft ihr es, das Vertrauen der Jüngsten zu gewinnen? Insbesondere der Krampus hat es ja so an sich, dass Kinder oft grossen Respekt vor ihm haben.
Wir nehmen uns für jedes Kind Zeit und fragen es, ob es zu Hause brav war, wie es in der Schule läuft, was es gerne macht und ob es dem Nikolaus und dem Krampus ein Gedicht aufsagen möchte. Bei kleinen Kindern sind meist die Eltern oder Grosseltern dabei, die manchmal von guten und weniger guten Eigenschaften ihrer Sprösslinge berichten. Der Nikolaus und der Krampus lieben jedoch mehr das Lob als den Tadel. Krampus Ralf mit seiner ruhigen, wohlklingenden Stimme ist dabei immer lieb zu den Kindern. Noch nie hat er einem Kind angedroht, es in den Sack zu stecken und es mitzunehmen. Das gibt es bei uns nicht. Da beim Markt immer sehr viele Kinder den Nikolaus und Krampus besuchen, braucht die Aufgabe aber ihre Zeit. Im vergangenen Jahr gab es sogar lange Warteschlangen, und wir waren mehr als zwei Stunden für die Kinder im Einsatz.
4. Als langjähriger Nikolaus hast du bestimmt schon einiges erlebt. Magst du ein schönes Erlebnis mit uns teilen?
Vor einem Jahr waren sehr viele Kinder aus der Ukraine am Nikolausmarkt. Es war für Ralf und mich herzergreifend zu erleben, wie ehrfürchtig uns die Kinder begegnet sind. Fast alle schenkten dem Nikolaus und dem Krampus selbstgemalte Bilder und sagten uns wohlklingende ukrainische Gedichte auf. Einige taten es sogar schon in deutscher Sprache, was uns sehr freute und zu besonderem Lob veranlasste.
5. Stell dir vor, du würdest dir selbst als Nikolaus gegenüberstehen: Was würde der Nikolaus Albert, dem Menschen, sagen?
Der Nikolaus würde zu Albert sagen: Lass dich in der Pension nicht stressen – vor allem nicht von dir selbst. Da mir als Nikolaus das Tadeln weniger liegt, meide ich das auch dann, wenn ich mir selbst als Nikolaus gegenüberstehen würde. (schmunzelt)
Der Nikolausmarkt im Schaaner Zentrum findet dieses Jahr am Samstag, 2. Dezember, statt. Am Sonntag, 3. Dezember, folgt die Seniorenadventsfeier im SAL.
Fotos: Brigitt Risch (2022)