
Serie Waldgeflüster: Das Eichhörnchen – quirlig-frecher Kletterkünstler
Sie sind herzig, frech, flink und zaubern jedem ein Lächeln ins Gesicht: Dem Charme dieser gewitzten «Waldgeister» kann sich niemand entziehen. Doch so schnell Eichhörnchen vor uns die Bäume hochflitzen, so schnell sind sie auch schon wieder im Wald verschwunden. Darum freut es uns umso mehr, eines erwischt zu haben, das uns ein paar Minuten seiner wertvollen Zeit geschenkt hat.
So schnell, wie du die Bäume hochkletterst und von Ast zu Ast springst, können wir dir mit unseren Augen gar nicht folgen. Wie machst du das?
Ich bin nun mal der absolute Klettermeister. Ich lebe ich in den Bäumen und komme eigentlich nur auf den Waldboden, wenn ich dort was Leckeres entdecke. Dass ich so gut klettern kann, hängt damit zusammen, dass ich an den Vorderpfoten vier lange Fingerchen und an den Hinterpfoten fünf Zehen mit scharfen Krallen habe. Damit kann ich mich an dünnsten Ästen festhalten und ganz flink selbst glatte Baumstämme rauf- und runterflitzen. Und dabei, wie Superman von Baum zu Baum zu springen, ist mir mein schöner, buschiger Schwanz behilflich. Er hilft mir, mein Gleichgewicht zu halten, und damit kann ich sogar steuern, sodass ich mein anvisiertes Ziel auch nicht verfehlen. Und sollte ich mich tatsächlich mal verschätzt haben – was natürlich so gut wie nie vorkommt – reduziert mein Schwanz die Fallgeschwindigkeit, damit ich mir nicht weh tue. Praktisch, oder?
Man sieht manchmal rote, braune und schwarze Eichhörnchen. Seid ihr verwandt?
Wir sind nicht nur verwandt, wir gehören alle zur gleichen Familie– der Familie der Eurasischen Eichhörnchen. Unsere Fellfarbe variiert zwar manchmal, aber wir haben alle einen weissen Bauch, und im Winter wachsen uns putzige Puschel an den Ohren, damit wir nicht nicht frieren. Zum Glück hat sich in unseren Wäldern bisher nie das aus Nordamerika stammende grössere und stärkere Grauhörnchen breitgemacht hat. Dieses wurde im 19. Jahrhundert von Reisenden nach England gebracht, wo es mittlerweile unsere Art schon fast verdrängt hat. Hoffen wir, dass es nie den Weg nach Schaan findet, denn es mag uns nicht.
Was steht so auf deinem Speiseplan?
Als Nagetier nage ich natürlich gerne an Nüssen, Eicheln und Fichtenzapfen. Mit meinen Vorderpfötchen drehe ich die Leckereien blitzschnell im Kreis, um die beste Stelle zum Knacken zu finden. Das finden Menschen, die mich beobachten, immer putzig. Ich mag aber auch Früchte, Beeren, Knospen und Pilze. Und ab und zu darf es auch mal ein Wurm oder ein proteinreiches Insekt sein. Das ist gesund. Damit mir auch im Winter nie die Naschereien ausgehen, grabe ich im Herbst kleine Löcher in den Boden, in denen ich Nüsse verstecke. Kommt dann das kleine Hüngerchen, hole ich mir einfach schnell einen Snack. Zwar muss ich zugeben, dass ich ein bisschen vergesslich bin und nicht immer alle Vorräte wiederfinde. Aber den Förster freuts, denn damit helfe ich ihm, Samen zu verbreiten, aus denen dann wieder neue Bäume wachsen. Nebenberuflich bin ich also als professioneller Waldverjünger tätig.
Und wo wohnst du?
In gemütlichen Kobeln. Das sind runde Kugeln, die ich mir aus Ästen und Moos hoch oben in den Bäumen baue. Manchmal mache ich es mir auch einfach in einer alten Spechthöhle gemütlich. Meistens nutze ich mehrere Kobel. In dem einen schlafe ich nachts, im anderen döse ich tagsüber, und in wieder einem anderen werden die Babys untergebracht. Da wir Eichhörnchen Einzelgänger sind, ist der Mann kurz nach dem Date meist wieder weg, und es liegt allein an der Mama, ihre Kinder grosszuziehen. Mit zirka acht Wochen verlassen die Jungen zum ersten Mal ihr Nest. Aber meist bleiben sie noch mehrere Wochen zusammen, um zu spielen und von der Mama zu lernen.
So blitzschnell, wie du bist: Hast du überhaupt Feinde?
Leider ja. Dazu gehören Baummarder, Wiesel sowie Habichte, Mäusebussarde und Eulen. In Gegenden, die bewohnt sind, haben es auch immer mehr Katzen auf uns abgesehen. Die sind ganz schön fies. Ausserdem müssen wir uns an befahrenen Strassen vor Autos in Acht nehmen.
Was können wir Menschen tun, damit du dich weiterhin in unseren Wäldern wohl fühlst?
Indem ihr nicht zu viel Lärm im Wald macht und dafür sorgt, dass ich weiterhin ein schönes Zuhause habe. Am liebsten lebe ich in bunten Wäldern mit Laub- und Nadelholz. Dort ist das Nahrungsangebot am grössten. Deshalb freue ich mich auch immer, wenn eine Baumpflanzaktion für die Waldverjüngung gestartet ist. Wenn ihr daran teilnehmt und gut hinhört, könnt ihr mich auf den Baumwipfeln applaudieren hören.
Grafik: Walser Grafik Est.