
«Ich bin ein Stück erwachsener geworden»
Sein Markenzeichen ist seine Mütze. Ohne geht er nicht aus dem Haus. Auch nicht bei hochsommerlichen Temperaturen. Ein Jahr nach Beginn seiner Lehre zum Forstwart FZ bei der Gemeinde Schaan erzählt Noah Thöny über seine Erfahrungen beim Forstwerkhof. Für ihn hat sich viel verändert – vor allem in seinem Denken.
1. An deinem ersten Arbeitstag hast du gesagt, dass Forstwart dein Traumberuf ist, seit du vier Jahre als warst. Ist das heute noch so, nachdem du den Arbeitsalltag kennengelernt hast?
Mein Bild vom Beruf hat sich doch verändert – beziehungsweise hat sich meine Traumvorstellung in ein realistisches Bild verwandelt. Früher dachte ich, dass man als Forstwart nur im Wald ist und Bäume fällt, aber der Beruf ist doch um einiges vielseitiger. Ausserdem ist er körperlich deutlich anstrengender, als ich mir vorgestellt hatte. Speziell am Anfang war es hart. Nach neun Jahren Schulbank drücken war es für mich eine Herausforderung, bei Extremtemperaturen oder auch komplett durchnässt schwere Arbeit leisten zu müssen. Ich war es nicht gewohnt, täglich rund 10´000 Schritte zu machen. Aber man wird abgehärtet und insgesamt hat das letzte Jahr viel Spass gemacht. Ich habe enorm viel gelernt und Erfahrungen gesammelt, die mir für mein ganzes Leben was bringen. Ich mag es nach wie vor, bei Wind und Wetter draussen zu sein und mit meinen Händen zu arbeiten. Allerdings interessiert mich mittlerweile auch das Tätigkeitsfeld des Landwirts – mein zweiter Berufswunsch, den ich schon als Kind hegte. Wer weiss, was die Zukunft bringt. Vielleicht kann ich ja irgendwann nach dem Lehrabschluss die beiden Berufsfelder miteinander verknüpfen.
2. Forstwart ist kein ungefährlicher Beruf. Welche Aufgaben durftest du im 1. Lehrjahr bereits erfüllen und was erwartet dich nun im 2. Jahr?
Eigentlich durfte ich schon fast alles machen – einige Aufgaben aber nur unter Aufsicht. Das heisst, ich erhielt Einblick ins Holzen, in die Waldpflege, ich habe Brennholz gespaltet und verkauft, viele Baum- und Pflanzenarten kennengelernt sowie das Verhalten der Natur studiert und so einiges über die Waldtiere erfahren. Im nächsten Jahr werde ich dann weiterführende Kurse im Holzen besuchen und danach hoffentlich fähig sein, auch Bäume unter schwierigeren Umständen zu fällen – zum Beispiel nach einem Blitzschlag oder in einem Sturmschadengebiet. Ich freue mich vor allem auch darauf, mit jedem Lehrjahr selbstständiger arbeiten zu dürfen.
3. Du hast dir einen körperlich sehr anspruchsvollen Beruf ausgesucht. Wie sieht´s mit deinen Muckis aus? Merkst du, dass du im vergangenen Jahr körperlich fitter geworden bist?
Also, wenn ich daheim vor dem Spiegel stehe, sehe ich schon einen Unterschied zu vorher. (lacht) Was auf jeden Fall auffällt, ist, dass mir die Arbeiten immer leichter fallen. Während ich am Anfang hundskaputt war, hat sich mein Körper mittlerweile an die tägliche körperliche Arbeit gewöhnt. Und ich bin viel schneller geworden. Für das Schärfen einer kleinen Kettensäge brauchte ich anfangs sicher eine Stunde – und danach war sie meist immer noch nicht richtig scharf. Mittlerweile benötige ich für eine doppelt so grosse Säge die Hälfte der Zeit. Und das Resultat kann sich sehen lassen. Die grösste Veränderung im vergangenen Jahr hat aber sicher in meinem Kopf stattgefunden. Ich bin ein Stück erwachsener geworden. Früher habe ich mir um nichts Gedanken gemacht. Ich habe mich darauf verlassen, dass mich meine Lehrer schon irgendwie durch die Schule bringen. In der Berufsschule ist das komplett anders. Man ist nicht mehr so behütet und trägt plötzlich allein die Verantwortung für seine Leistung. Um diesem Druck standzuhalten, muss man echt Gas geben. Auch der Umgang mit dem Lohn fiel mir anfangs nicht leicht. Ich musste erst lernen, das Geld einzuteilen und hier und da auch Abstriche zu machen, damit es bis zum Monatsende reicht. Um künftige Lernende auf ihre Zukunft vorzubereiten, war ich nun schon einige Male an Informationstagen in der Ober- und Realschule und habe dort über meine Erfahrungen berichtet. Ich finde es wichtig, dass die Schüler wissen, was sie erwartet. Und es macht mir auch Spass, über meinen Beruf zu reden, weil er ja doch nicht so alltäglich ist.
4. Was war dein bisher coolstes Erlebnis beim Forstwerkhof?
Als ich meinen dicksten Baum gefällt habe. Er hatte sicher einen Durchmesser von 1,40 Metern. Das war zirka ein halbes Jahr nach Lehrbeginn, und ich hatte es bis dahin nur mit ganz dünnen Stämmen zu tun. Natürlich erhielt ich Unterstützung, aber für mich war es Schwerstarbeit. Als der Baum dann am Boden lag, war das ein echtes Erfolgserlebnis. Richtig cool!
5. Und was machst du, wenn du nicht bei der Arbeit im Wald steckst? Geniesst du dann auch mal einen Nachmittag auf der Couch?
Couch ist keine gute Idee. Wenn ich zu lange drinnen bin, werde ich echt nervig für andere. (schmunzelt) Ich habe einen Traktor zu Hause, mit dem ich in meiner Freizeit Arbeiten für die Familie oder Freunde erledige. Zum Beispiel war ich letzte Woche rund um unser Ferienhaus auf Gaflei heuen, und für einen Kollegen, der einen Bauernhof hat, habe ich Mist geführt. Ansonsten baue ich in unserer Werkstatt Dinge aus Holz und Metall, wie beispielsweise Krippen. Eigentlich arbeite ich immer an irgendwas, auch in meiner Freizeit. Nichtstun kenn ich nicht.