«Handarbeit stärkt Kreativität, Feinmotorik und Geduld»
Ursina Hilti, Lehrerin für textiles und technische Gestalten und Mitglied der Arbeitsgruppe «handgmacht», setzt sich dafür ein, dass Menschen nicht verlernen, mit ihren Händen etwas zu erschaffen. Um die Freude am Selbermachen zu vermitteln, wirkt sie mit ihrer Arbeitsgruppe am Kunsthandwerkmarkt in Schaan mit, der dieses Jahr am 5. und 6. November im SAL stattfindet.
1. Bei «handgmacht» handelt es sich um eine Arbeitsgruppe des Schulamts, in der neben dir noch weitere Lehrerinnen aus verschiedenen Schulstufen mitwirken. Welches Ziel verfolgt die Arbeitsgruppe?
Unsere Aufgabe ist die Öffentlichkeitsarbeit, also die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Handarbeit und das Handwerk. Wir zeigen auf, was wir im Unterricht machen, wo die aktuellen Trends liegen und was jede und jeder selbst zu Hause herstellen kann. Momentan ist beispielsweise Upcycling ein ganz grosses Thema – die kreative Wiederverwendung von Materialien wie Jeans, Frotteetüchern oder Tetrapacks. Hinzu kommt, dass wir über mögliche Berufsfelder in diesem Bereich informieren. Zusammengefasst kann man sagen: Wir wollen die Lust aufs Handgemachte wecken und so bleibende Werte vermitteln. Dafür organisieren wir verschiedene Aktionen und Auftritte. Vor einigen Jahren strickten wir beispielsweise am Internationalen Tag des Strickens vor dem Regierungsgebäude. Ganz wichtig ist uns auch die Präsenz am Kunsthandwerkmarkt, weil wir da viele Menschen erreichen können.
2. Du hast bleibende Werte erwähnt. Während es früher zwingend notwendig war, dass man Fähigkeiten im Bereich Handarbeit besass, hat man heute das Gefühl, dass die meisten lieber kaufen und ersetzen, als etwas selber zu machen oder zu reparieren. Warum ist es so wichtig, dass Menschen auch in Zukunft noch mit ihren eigenen Händen Dinge erschaffen?
Dieses Gefühl trügt leider nicht. Das Handwerk geht je länger desto mehr verloren – und auch die Wertschätzung dafür. Industriell hergestellte Einheitsware ist oft günstig, die Beschaffung schnell und mit wenig Aufwand verbunden. Da sehen viele den Sinn nicht mehr in der Handarbeit. Das merken wir auch deutlich in der Schule. Dem Grossteil der Kinder und Jugendlichen fehlen diesbezüglich die Grundlagen, weil sie diese zu Hause nicht vermittelt bekommen. Es fehlt die Übung und auch die Motivation. Dabei finde ich es so wichtig, dass dieses Wissen erhalten bleibt und weitergegeben wird. Handarbeit beziehungsweise Handwerk stärkt die Kreativität, die Feinmotorik und die Geduld. Es macht einfach Freude und gibt ein gutes Gefühl, etwas individuell gestalten zu können. Selber maha isch cool!
3. Hast du deine Leidenschaft für Handarbeit schon als Kind entdeckt? Oder wie bist du zu dem Hobby gekommen, das du später zum Beruf gemacht hast?
Über meine ältere Schwester, die eine Ausbildung in dem Bereich gemacht hat. Sie hat mich mit ihrer Begeisterung für Selbstgemachtes angesteckt. Ausserdem bin ich ein Kind der 60-er Jahre. Eine Zeit, in der man noch viel selbst gemacht hat. Man warf kaputte Kleider und Sachen nicht einfach weg, sondern flickte und reparierte sie. Später habe ich dann das Seminar zur Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin absolviert, und seither unterrichte ich in diesem Bereich. Ich habe meine Berufswahl nie bereut. Ich empfinde Handarbeit als sehr erfüllend. Man erschafft etwas mit den eigenen Händen, auf das man stolz sein darf. Unabhängig davon, ob es sich nun um eine Näh-, Strick-, oder Gestaltungsarbeit handelt.
4. Wenn du ein von dir selbstgemachtes Objekt auswählen müsstest, auf das du besonders stolz bist, welches wäre das?
Beim Bau unseres Hauses in Schaan habe ich das Glas an der Haustüre sowie die Plättile in der Küche und im Badezimmer selbst designt beziehungsweise hergestellt. Dafür liess ich mit der Technik des Glas-Fusing kleine Glasteilchen zusammenschmelzen. Das gibt einen super Effekt und verleiht unserem Haus einen individuellen Touch.
5. Seit dem ersten Kunsthandwerkmarkt in Schaan bist mit der Arbeitsgruppe «handgmacht» mit dabei – in diesem Jahr also zum sechsten Mal. Was dürfen denn die Besucherinnen und Besucher von euch erwarten?
Wie bereits die letzten Male werden wir am Samstag, 5. November, von 11 bis 17 Uhr Workshops anbieten. Dabei können die Besucherinnen und Besucher verschiedene Techniken ausprobieren. So besteht die Möglichkeit, Makramee Schlüsselanhänger herzustellen, die Technik des Punch Needl kennenzulernen, an einem Strick-Gemeinschaftswerk mitzuwirken oder sich mit Sonja Luck im Leder nähen zu üben. Unser Anspruch ist stets, dass wir verschiedene Altersgruppen ansprechen und in den rund 45 Minuten Workshop immer etwas Handfestes hergestellt wird. An den vergangenen Kunsthandwerkmärkten hatten wir stets guten Zulauf. Wir hoffen natürlich, dass wir mit unseren Workshops auch am 5. November wieder den Nerv der Zeit treffen. Auf jeden Fall freue ich mich schon sehr darauf. Am Markt herrscht immer ein schönes, ruhiges Ambiente, und ich geniesse es persönlich sehr, mich mit Gleichgesinnten auszutauschen und Wertschätzung für unsere Arbeit zu erfahren. Auch entstehen in den Gesprächen immer wieder neue Ideen. Der Kunsthandwerkmarkt ist eine echte Kreativschmiede.
Foto: Brigitt Risch