
Feuerwehr: Von der lästigen Pflicht zum freiwilligen Erfolgsmodell
Schaan wurde im Lauf seiner Geschichte von mehreren grossen Bränden in unterschiedlichen Dorfteilen heimgesucht. Was die Existenzgrundlage ganzer Nachbarschaften über Nacht zerstören konnte, musste so gut es eben ging verhindert werden. Die Lösung wurde lange in einer Pflichtfeuerwehr gesehen, bis sich schliesslich 1879 das Prinzip der Freiwilligkeit durchsetzte und bis heute bewährt.
Ein erster bekannter Grossbrand in Schaan im Jahr 1577 wurde wahrscheinlich durch Brandstiftung verursacht. Damals fielen den Flammen 33 Häuser, etliche Ställe sowie die Pfarrkirche, von der offenbar nur der Turm, die Turmuhr und die Glocken gerettet werden konnten, zum Opfer. Die grösste Gefahr ging in früheren Zeiten und bis weit in die Neuzeit jedoch vom Föhn aus, der kleine Feuer rasch zu grossen Bränden aufflammen liess, die ganze Dorfteile zerstören konnten. Im 18. Jahrhundert entstanden daher eine ganze Reihe von feuerpolizeilichen Präventionsvorschriften.
Nachtwächter und Feuerspritzen
Die damaligen Einwohner des Landes gelangten ausserdem auch zur Einsicht, dass eine gut organisierte Feuerbekämpfung notwendig ist, wenn die Präventionsmassnahmen versagen. In Schaan geht die Geschichte der systematischen Feuerbekämpfung bis ins Jahr 1812 zurück. Damals erliess die Gemeinde eine erste Feuerlöschordnung und setzte einen Nachtwächter ein, der besonders bei Föhnlage unter anderem darauf zu achten hatte, dass die Feuer in den Häusern abends gelöscht sind. Die Anschaffung einer Handfeuerspritze 1829 und einer Pferdefeuerspritze 1870 sowie der Erlass der landesweiten Feuerpolizeilichen Vorschriften bzw. des Feuerpolizeigesetzes in den Jahren 1837 und 1865 waren bedeutende Massnahmen, um Brandausbrüche zu verhindern oder bereits ausgebrochene Brände im Keim zu ersticken.
Spielende Kinder verursachen Obergassbrand
Trotz aller Vorsichts- und Feuerbekämpfungsmassnahmen kam es aber auch im Schaan des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu verheerenden Bränden in ganzen Quartiere. Am Abend des 21. September 1849 traf es die Obergass. 34 Häuser und 14 Ställe brannten nieder, die Kirche St. Peter wurde beschädigt. Eine Woche später berichtete sogar die «Vorarlberger Zeitung» über das Ereignis und hielt fest, dass «das ansehnliche Dorf Schaan von einem grossen Brandunglücke heimgesucht» wurde. Hervorgerufen hätten den Brand «Kinder, die mit dem schrecklichen Element spielten». Besonders hart getroffen worden sei «die unbemitteltste Klasse», weshalb die Zeitung zur Spende von Liebesgaben aufrief. Schliesslich treffe es das kleine Liechtenstein besonders schwer. Staats- und Gemeindefonds zum Auffangen des Leids gebe es keine, «die Zahl der Wohlhabenden ist äusserst gering, Reiche trifft man gar keine».
Wenig ist bekannt über die Löscharbeiten des Obergassbrandes. Die «Vorarlberger Zeitung» berichtet aber nicht ohne Stolz, dass die «herbeigeeilte Mannschaft mit Löschgeräten der k.k. Stadt Feldkirch unter trefflicher Leitung» bewiesen habe, dass man ihr die «baldige Bemeisterung» zu verdanken habe.
Am Fasnachtssonntag brennt die Specki
Rund 25 Jahre später, in der Nacht des Fasnachtssonntags 1874, brannte es dann In der Specki. Fünf Tage danach, am 20. Februar, schrieb die «Liechtensteinische Wochenzeitung» über die Katastrophe. Die Nacht, die sonst alljährlich «den harmlosen Freuden des Faschings gewidmet ist», sei für Schaan zur «Schreckensnacht» geworden. «Zwei entfesselte Elemente: Feuer und Föhn haben mit vereinter Kraft alles zerstört, was viele Menschen mit mühsamer Hand in vielen Jahren geschaffen.» Der Schreckensruf «Feuer» habe das Dorf gegen 22 Uhr durcheilt. Gerade in der Specki standen Häuser und Ställe damals sehr nahe beieinander. Seinen Ursprung habe das Feuer in einer Scheune gehabt, in der naturgemäss viel brennbares Material lagerte. Innerhalb einer Viertelstunde standen bereits 20 Gebäude in Flammen. Am Ende brannten 27 Häuser und 25 Ställe nieder.
Beim Löschen kam den Schaaner Männern um 23 Uhr als erste die Buchser Feuerwehr zu Hilfe, welche jedoch zunächst das hölzerne Grenztor auf der Rheinbrücke aufbrechen musste, um ins Nachbarland zu eilen. Bald darauf folgten Mannschaften aus dem gesamten Oberland sowie aus Gamprin, Ruggell, Sevelen, Räfis, Gams und Grabs. Die Hilfe aus Eschen, Mauren und Feldkirch erreichte das 1872 ans Eisenbahnnetz angeschlossene Schaan schliesslich mit Extrazügen der Vorarlbergbahn. Löschen konnten die Feuerwehrmänner angesichts der Witterungsumstände zwar wenig, aber immerhin gelang es ihnen, den Brand mit vereinten Kräften einzudämmen und ein Übergreifen des Feuers auf weitere Gebäude zu verhindern.
Dienstpflicht für alle Männer von 16 bis 60
Zusammen mit dem Brand im Ortsteil Winkel am 1. Februar 1860 sind in Schaan damit innerhalb eines Vierteljahrhunderts 75 Wohnhäuser und 53 Stallgebäude ganz und eine Kirche beinahe abgebrannt. Dies mag einen Einfluss auf die landesweite Entwicklung der Gesetzgebung gehabt haben. Im Feuerpolizeigesetz von 1865 heisst es: «Sämtliche einer Ortsgemeinde angehörigen männlichen Personen von 16 bis 60 sind feuerdienstpflichtig.» Nichterscheinen der Pflichtfeuerwehrmänner bei Übungen, Hauptproben und Bränden wurde mit Bussen geahndet.
Einen Einfluss hatten die drei grossen Dorfbrände aber mit Sicherheit auf Schaan selbst. Da der Gemeinderat und die feuerdienstpflichtigen Männer einer Gemeinde sich ohnehin mit der Brandverhütung und Brandbekämpfung zu befassen hatten, ist es nachvollziehbar, dass sich mit der Zeit ein paar fanden, die sich intensiver damit beschäftigten. Diese schlossen sich zu Vereinen zusammen, in manchen Gemeinden früher, in anderen später. In Schaan war es 1879 so weit. Laut Gemeinderatsprotokoll teilte am 24. Februar Gemeinderat Julius Wanger mit, dass sich eine freiwillige Feuerwehr gebildet habe. Dies wurde vom Gemeinderat «gutgeheissen und genehmigt». Schaan hatte die dritte Feierwehr des Landes nach Eschen und Mauren.
Die Bedrohung lässt nach
Brände konnten zwar auch mit dem freiwilligen System nicht verhindert werden, sie wurden jedoch zu einzelnen, begrenzteren Ereignissen und das System der Freiwilligen Feuerwehr bewährte sich immer mehr. Ein einziger Grossbrand in der Nacht vom 3. auf den 4. März 1908 forderte nochmals acht Häuser und sieben Ställe – wiederum in der Obergass. In den folgenden mehr als 100 Jahren kam es aber vor allem zu Stall- und Firmenbränden. Wohngebäude waren nur noch selten – und wenn, dann vereinzelt – von Brandereignissen betroffen.
Fotos: Gemeindearchiv Schaan / Auftaktbild: Grossbrand an der Landstrasse 1938