
Das Bahnwärterhäuschen Nr. 13
Das 1871/72 erbaute Bahnwärterhäuschen Nr. 13 diente lange Zeit als Wohnhaus für ÖBB-Bedienstete. Das kleine Gebäude an der Zollstrasse bei Streckenkilometer 16,074 gehört zu den letzten noch erhaltenen Zeugen der ursprünglich insgesamt über 70 Bahnwärterhäuschen entlang der Bahnlinie im Raum Vorarlberg und Liechtenstein.
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war der Betrieb der Eisenbahn ein ganz anderer als heute. Vieles, was inzwischen durch den technischen Fortschritt aus der Distanz digital oder elektronisch geregelt wird, war früher die Aufgabe der Bahnwärter – vor allem ging es um die Kontrolle eines Streckenabschnitts, das Bedienen von Schranken und die Kommunikation mit anderen Abschnitten. Um diese Aufgaben zu erfüllen, mussten die Bahnwärter möglichst nahe an den Gleisen wohnen. So entstanden vielerorts die Bahnwärterhäuser. Eines davon baute die «k. k. privilegierte Vorarlberger Bahn», welche die Strecke Feldkirch-Buchs betrieb, pünktlich zur Streckeneröffnung 1872 auch in Schaan. Die Verhältnisse waren alles andre als grosszügig. Ein Bahnwärterhäuschen, wie es in Schaan steht, verfügte über ein Wohn- und ein Schlafzimmer sowie eine Küche. Darin mussten oft neben dem Bahnwärter selbst auch seine Gattin und eine Reihe von Kindern Platz finden.
Ein Zuhause für 64 Jahre
Als letzte Bähnlerfamilie bezog 1942 Emil Weiss mit seiner Frau Stephanie und den beiden Kindern Johann und Walfriede Bahnwärterhaus Nr. 13. Emil Weiss war damals Angestellter der Deutschen Reichsbahn, welche für den Anschluss Österreichs im Jahr 1938 für das dortige Schienennetz und auch die Strecke in Liechtenstein zuständig war. Emil Weiss, ein gelernter Bäcker, konnte seine Aufgabe jedoch nicht lange erfüllen. Er musste bald nach dem Einzug seinen Militärdienst antreten und fiel im Oktober 1943 an der Ostfront. Seine Frau Stephanie überlebte ihn um mehr als 60 Jahre. Sie blieb bis zu ihrem Tod im Jahr 2006 im Bahnwärterhäuschen wohnen. «Meine Mutter hatte eine ganz spezielle Beziehung zu ‹ihrem› Häuschen», sagte Walfriede Weiss im April 2008 gegenüber dem «Volksblatt». Stephanie Weiss «pflegte mit Hingabe ihren riesigen Garten und lebte zeitweise mit zwölf Enten und 50 Hasen auf dem Grundstück».
Nutzung durch den Eisenbahnclub statt Abbruch
Nach dem Tod seiner letzten Bewohnerin hatte der Schaaner Gemeinderat beschlossen, das 2004 in den Besitz der Gemeinde gelangte und für einige Jahre leerstehende Bahnwärterhäuschen wegen des schlechten baulichen Zustands abzureissen und eine Grünfläche zu schaffen. Ein Komitee sammelte jedoch Unterschriften für den Erhalt des Gebäudes und konnte den Gemeinderat damit überzeugen. Über dieses Entgegenkommen der Gemeinde hat sich Walfriede Weiss, die sich selbst aktiv im Bürgerkomitee für das Bahnwärterhäuschen eingesetzt hat, sehr gefreut, denn sie verbindet mit dem Haus ebenfalls viele Erinnerungen. «Auch wenn das Haus sehr klein war und wir uns in verschiedener Hinsicht sehr einschränken mussten, fühlten wir uns darin sehr wohl, es war unser Zuhause», wurde sie 2015 im Gemeindemagazin «Blickpunkt» zitiert.
Um den Verfall des Gebäudes zu verhindern, entschied der Gemeinderat sich im Februar 2014, es einer Nutzung zuzuführen. Aus diesem Grund erhielt der Eisenbahnclub Schaan-Vaduz im Bahnwärterhaus Nr. 13 eine Bleibe. Mit der heutigen Nutzung des Bahnwärterhäuschens durch die «Bähnler» des Eisenbahnclubs lebt ein Stück Bahngeschichte weiter, mit der das Gebäude an der Zollstrasse eng verbunden ist.
Bildnachweis: Eddy Risch