
Serie Waldgeflüster: Die Haselmaus – klein aber oho
Die Haselmaus ist winzig, äusserst scheu und mit Vorliebe nachts unterwegs. Ein Glück, dass wir im Schaaner Wald überhaupt eine entdeckt haben, die sich für ein kurzes Interview für unsere Serie «Waldgeflüster» aus ihrem Winterschlaf wecken liess. In diesem Gespräch haben wir so einiges Spannendes über die kleinste der heimischen Schlafmäuse erfahren.
Stimmt es, dass Haselmäuse gar keine richtigen Mäuse sind?
Richtig. Ich bin keine Maus, sondern ein Bilch. Bilche gehört zur Ordnung der Nagetiere und sind auch unter dem Begriff Schlafmäuse bekannt. Neben rund 30 anderen Arten gehört beispielsweise auch der Siebenschläfer dazu. Der erste Teil meines Namens stimmt dafür zu 100 Prozent. Denn ich liebe Haselnüsse, und im Herbst fresse ich mir mit ihnen einen dicke Speckschicht an. So kugelrund kann ich die kalte Jahreszeit von Oktober bis April gemütlich in meinem weich gepolsterten Nest aus Zweigen und Blättern verschlafen. Im Winter könnte ich eh nur Gras und Wurzeln essen, und das vertrage ich gar nicht. Ich habe nämlich eine Gras-Wurzel-Intoleranz. Dafür haue ich mir dann wieder im Frühling und Sommer den Bauch mit vielen guten Sachen wie Knospen, Beeren und Blumen voll. Man muss sich vorstellen: Mit etwa 40 Gramm begebe ich mich in meinen Winterschlaf – und wenn ich aufwache, wiege ich nur noch zirka 15 Gramm. Logisch, dass ich da einen riesen Kohldampf habe und viel zu essen brauche.
Wann hat man denn die Chance, dich zu sehen?
Eigentlich gar nicht oder nur sehr, sehr selten. Den Tag verschlafe ich meistens in meinem etwa faustgrossen, kugeligen Nest, dem Kobel. Das baue ich in Baumhöhlen oder inmitten von dichten Sträuchern, Brombeer-Gestrüppen oder Dornenhecken, denn da fühle ich mich sicher. Da ich so klein bin und mich nicht wehren kann, muss ich mich ganz besonders vor Feinden in Acht nehmen. Am besten, sie sehen mich gar nicht. Darum gehe ich auch nur nachts auf Futtersuche, wenn die meisten anderen Tiere schlafen. Auch entferne ich mich nie weit von meiner Behausung, damit ich dort bei drohender Gefahr blitzschnell Schutz finden kann.
Wie sehen deine nächtlichen Streifzüge aus?
Ich bewege mich am liebsten an Waldrändern, wo ich durch viele Sträucher und Hecken geschützt bin. Idealerweise finde ich dort genug Nahrung – sodass ich nicht aufs freie Feld hinaus muss. Ungeschützte Flächen meide ich, wann immer es geht, denn dort können mich meine Feinde viel zu leicht entdecken. Aus Spass klettere ich auch gerne im dichten Geäst der Waldbäume herum – bis in schwindelerregende Höhe von 30 Metern. Dort hangle ich mich dann mit meinem langen Schwanz von Ast zu Ast. Dass ich so ein guter Kletterer bin, hängt auch damit zusammen, dass ich meine letzte Zehe rechtwinklig abspreizen kann. So komme ich selbst die glattesten Stämme hoch. Cool, oder?
Aber wenn du nur nachts unterwegs bist und sieben Monate des Jahres verschläfst, wie machst du das mit deinen Kindern?
Das ist alles Management, da bin ich Weltmeister. Ich nutze einfach die Zeit, in der ich wach bin, optimal. In der Regel ziehe ich zwischen Juni und September ein- bis zweimal zwei bis sieben Junge auf. Die ersten zwei Monate, in denen sie unter meiner Obhut stehen, verstecke ich meine Babys in einem gut geschützten Nest. In dieser Zeit bringe ich ihnen alles bei, was sie zum Überleben wissen müssen – von den besten Futterplätzen bis hin zu allen Tricks, um unseren Feinden zu entkommen.
Was können wir Menschen tun, damit du dich wohl fühlst?
Wie bereits erwähnt, bin ich auf ein reichhaltiges Nahrungsangebot angewiesen. Im Frühjahr bevorzuge ich Pollen und Knospen, im Sommer Beeren und Früchte und im Herbst fetthaltige Samen und Nüsse. Auch zu einem leckeren Insekten-Snack sage ich nicht nein. Folglich schätze ich es sehr, wenn die Menschen dafür sorgen, dass eine hohe Artenvielfalt fruchttragender Sträucher wie Holunder, Faulbaum, Weissdorn, Brombeere oder Hasel erhalten bleibt. Die sorgen nämlich nicht nur für einen reich gedeckten Tisch, sondern bieten auch die perfekten Verstecke. Lichte Standorte – wie gestufte Waldränder – bieten da die perfekten Blühbedingungen. Dafür sind übrigens nicht nur wir Haselmäuse dankbar, sondern auch ganz viele andere kleine Nager, die Zuflucht suchen. So, jetzt muss ich aber wieder zurück in meinen Winterschlaf! Bis im Frühling.
Grafik: Walser Grafik Est.