
«Die Musen schweigen nicht»
Nach einem Jahr "Zwangspause" findet am 26. Dezember wieder das traditionelle Stephanskonzert der Harmoniemusik Schaan statt. Eine schöne Gelegenheit, einen Blick auf die mittlerweile 153 Jahre zurückliegenden Anfänge der Harmoniemusik zu werfen. Sie ist der älteste noch bestehende Verein des Dorfs. Dass sich eine so lange Erfolgsgeschichte entwickelt, war aber gerade in den Anfangsjahren noch nicht abzusehen. Denn diese verliefen recht turbulent.
Es war am 15. August 1868, «unser Frauentag», als die junge Triesner Blechmusik in Schaan die Prozession mit dem Allerheiligsten durch die Specki geleitete und die Schaaner mit ihren Stücken begeisterte. Gleiches gilt für die profaneren Weisen, die beim anschliessenden gemütlichen Hock gespielt wurden. Da «beschlossen einige musikbegeisterte Jungmänner in ihren Feiertagsherzen, ebenfalls einen Musikverein zu gründen, um bei Feierstunden der Gemeinde mit dabei zu sein und dann und wann einmal an geselligen Unterhaltungen das Ohr der biederen Schaaner zu erfreuen», heisst es in den Annalen des Vereins. Mit acht Mann ging es los.
Ein Darlehen für die Instrumente
Was fehlte waren die Instrumente. Allerdings fand sich in Josef Anton Hilti bald ein Gönner. «Er nahm auf seinen Grundbesitz ein Darlehen von 600 Gulden auf und finanzierte daraus» deren Ankauf. Unter der Anleitung Lehrer Ludwig Segers probten die Musikanten eifrig und schon bald spielten sie auch zum Tanz auf. Bereits zu Beginn der 1880er-Jahre zog unter der Leitung von Lehrer Rudolf Quaderer ein neuer Geist in die Truppe. Die Spannbreite der Instrumente wurde bedeutend erweitert und die Grundlage zu anspruchsvollerer Musik war gelegt.
1887 beschloss auch der Gemeinderat, der Harmoniemusik einen Beitrag in Höhe von 30 Gulden zur Anschaffung neuer Instrumente zukommen zu lassen. Allerdings knüpfte die Gemeinde diese Gabe an die Verpflichtung, dass die Musik bei jedem festlichen Anlass, bei dem es die Gemeinde wünschte, aufzutreten hat und dass die Entlohnung von Fall zu Fall vom Gemeinderat festgesetzt werde. «Weit entfernt, dem löbl. Gemeinderath Miβgunst oder Unwollen gegen den Verein zuzumuthen», wie es im Antwortschreiben hiess, glaubte die Musik dennoch, einen derartigen Vertrag nicht eingehen zu können. Mitglieder der Harmoniemusik und die Gemeindevertretungen wechselten und neue Mitglieder könnten sehr ungehalten auf einen solchen Vertrag reagieren. Auch könnte einmal zwischen dem Verein und der Gemeinde Unfrieden herrschen und die Musik könnte gezwungen werden, zu einer «mageren» Entlohnung aufzutreten. «Der Verein hätte also wohl Pflichten, aber keine Rechte.» Die Musik versprach ihre stete Bereitwilligkeit, soviel wie möglich zu leisten, sich durch einen Vertrag zu binden, sei aber nicht im Interesse des Vereins, weshalb darum gebeten wurde, die Schenkung ohne vertragliche Bindung auszuzahlen.
Unruhige Zeiten brechen an
Die Auftritte der Musik waren zu jener Zeit vielfältig: Tanzfeste, in der Schlosswirtschaft, auf Landesausstellungen 1895 und 1896 und an vielen anderen Anlässen mehr. «Bald begann es aber im Verein zu rotteln. […] Noch leisteten die nimmermüden elf des Schaaner Musikvereins bei einem Waldfest auf Dux Erstaunliches. Vom Herbste des Jahres 1896 an aber schweigen die Annalen.» 1898 nahm die HMS einen neuen Anlauf und beteiligte sich unter anderem an einem Musikfest in Triesen. Dort erhielt sie von Herrn Fabrikbesitzer Spörri als Anerkennung ihrer besonderen Leistung eine Gratifikation von 100 Gulden. Trotzdem löste sich die Musik 1899 erneut auf und übergab die Instrumente der Gemeinde. «Die Musen schwiegen jedoch nicht lange», heisst es in der Festschrift zum 70-jährigen Vereinsbestehen 1938.
Im Sommer 1902 gab der Musikverein Konkordia Mauren ein Ständchen im Restaurant Bierkeller und entfachte neue Begeisterung für die Harmoniemusik. Ehemalige Mitglieder taten sich zusammen und schon in der Weihnachtszeit 1902 stieg im Gasthaus zur Post der erste Auftritt der neuen Formation. «Über hundert unterstützende Mitglieder traten dem neuen, strebsamen Verein unter einer von Eifer beseelten Vorstandschaft zur Seite.» Die Vereinsbestimmungen wurden strenger gefasst und die Mitglieder wollten rasch eine Verbesserung der Leistungen erzielen. Ihre Zahl wuchs – 1910 waren es bereits deren 24 – und sie wagten sich rasch an grössere Produktionen. An Auftritten besonders hervorzuheben sind das Musikfest in Schaan 1908 und das 50-Jahr-Regierungsjubiläum von Fürst Johann dem Guten im gleichen Jahr sowie ein Jugendfest in Vaduz im Jahr 1909.
1912 stand dann erstmals eine Uniformierung der Schaaner Harmoniemusik auf dem Programm. Sie orientierte sich an den Uniformen der k.u.k.-Kaiserjägermusik: graues Gewand und Kaiserjägerhut mit wehendem Federbusch. Für die Schonung der Uniformen wurden besondere Verordnungen und zur Überprüfung der Einhaltung derselben eine Kontrolle eingeführt.
Liechtensteiner Militäruniformen
Ein Verzeichnis aus dem Jahr 1916 zeigt, dass sich die neu uniformierte Musik einer grossen Anzahl Märsche und einer ansehnlichen Reihe von Konzertstücken widmete. 1922 zählte die Musik bereits 28 Mann und 1925 wurde nochmals eine Neuuniformierung vorgenommen. Dieses Mal orientierte sich die Kleidung an den ehemaligen liechtensteinischen Militäruniformen.
Am Musikfest 1927 in Vaduz holte die Schaaner Musik einen Lorbeerkranz. Um den Jahreswechsel 1933/34 erfolgte dann eine Neuinstrumentierung. Am Dreikönigstag 1934 trafen die Instrumente ein. Und: «Die Leistungen verbesserten sich zusehends, schwierige Stücke zogen in den Notenschatz der Harmonie ein.» Zu ihrem 70. Gründungsfest war die Harmoniemusik bereits 34 Mann stark. 1958 waren es deren 40. Seither sind viele weitere grössere und kleinere Erfolge sowie neue Uniformen dazu gekommen, und die Musik geht auch heute noch selbstbewusst und optimistisch in die Zukunft.
Das traditionelle Stephanskonzert findet am Sonntag, 26. Dezember, um 19 Uhr im SAL statt. Konzertbeginn ist um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Es gilt die 2G-Regel.
Bildnachweis Auftaktbild: Gemeindearchiv Schaan, Gründer der Harmoniemusik Schaan, 1868