100 Jahre Fasnachtszeitung – 37 Jahre Bieri-Karikaturen
Im Jahr 1922 war Liechtensteins Medienlandschaft noch dünnbesiedelt. Den Markt teilten sich das «Volksblatt» und die «Oberrheinischen Nachrichten». Doch zu Jahresbeginn trat plötzlich «Der Schaaner Eselstuhl» auf den Plan. Damit war in der Gemeinde eine grosse Tradition der Fasnachtszeitungen begründet, die bis heute im «Wingertesel» weiterlebt.
Vom «Obligatorischen Fachblatt aller kreuzfidelen Brüder sämtlicher Witzkreise. Organ aller humorhungrigen Gemeinden und Umgebungen», dem von Franz Beck ins Leben gerufenen «Eselstuhl», bis zum vom FC Schaan herausgegebenen «Wingertesel», dem «Depplomatisch- bollitischen Organ für Schotzli und Tohri» kann Schaan auf 17 verschiedene Fasnachtszeitungen mit Dutzenden Ausgaben zurückblicken. Dass der «Windertesel» sich 1975 schliesslich gegen seine Vorgänger durchgesetzt hat, mag unterschiedliche Gründe haben. «Der wichtigste sind aber definitiv die Karikaturen von Erich Bieri, welche den Wingertesel 37 Jahre lang einzigartig gemacht haben», sagt Albert Eberle, Leiter der Abteilung Geschichte und Kultur sowie des domus.
Eine Entwicklung über die Jahrzehnte
Eberle hat sich daher entschieden, Erich Bieris Werk zur Ausstellung, die sich der Geschichte der Schaaner Fasnachtszeitungen widmet, in den Fokus zu stellen. «Sieht man seine frühen Werke und die späteren Zeitungen nebeneinander, fällt einem auf, wie sich sein seit jeher grossartiger Zeichenstil verändert und immer noch weiter verbessert hat. Das bemerkt man gar nicht, wenn man einfach Jahr für Jahr einen ‹Wingertesel› in der Hand hat.»
Erich Bieri selbst erinnert sich noch gut daran, wie er Mitte der 1980er-Jahre von FC-Vorstandsmitglied Fritz Marxer angefragt worden ist, ob er nicht für die Fasnachtszeitung zeichnen wolle. «Als Mitglied der Narrenzunft war ich sowieso ein Freund der Fasnacht und habe gerne zugestimmt.» Seine Leidenschaft fürs Zeichnen hat ein Primarschullehrer in Hasle im Entlebuch im Kanton Luzern geweckt. «Er war generell ein sehr guter Lehrer, bei dem der Unterricht Freude gemacht hat», sagt Erich Bieri, der im Anschluss an die Schulzeit eine Lehre als Maschinenzeichner absolviert hat. Diese Ausbildung führte in wiederum in die Hilti AG und nach Schaan.
Eine Ausstellung zum Abschied
«Mein Beruf und mein Hobby haben trotz des Wortteils ‹zeichnen› nicht viel miteinander zu tun. Da das Zeichnen aber eine schöne Abwechslung bot, habe ich mich in diversen Kursen weitergebildet, unter anderem im Zeichnen von Karikaturen», sagt Erich Bieri. Wie viele Karikaturen er für den «Wingertesel» angefertigt hat, kann er zwar nicht sagen. Die Zahlen gehen aber in die Hunderte, die dafür aufgewendeten Stunden weit in die Tausende. «Die Zeit für eine Zeichnung lässt sich nicht genau beziffern. Am schnellsten ging es bei Zeitgenossen mit markanten Gesichtszügen. Diese wurden von den Lesern natürlich auch am besten erkannt.»
Negative Rückmeldungen erboster Karikierter hat Erich Bieri in all den Jahren nie zu hören bekommen. «Positive Rückmeldungen gab es immer mal wieder, und sie haben mich stets sehr gefreut.» Daher ist zu hoffen, dass Erich Bieri im Rahmen der domus-Ausstellung noch viele Feedbacks erhält, denn sie ist gleichzeitig sein Abschied vom «Wingertesel». «Ich merke das Alter inzwischen, und das Zeichnen funktioniert einfach nicht mehr wie früher», sagt Erich Bieri. Er fügt an: «Es waren wunderschöne 37 Jahre, die ich nicht missen möchte.»
Die Ausstellung kann von der Vernissage am 27. Januar 2022 um 19.30 Uhr an bis zum Fasnachtsdienstag, 1. März, zu den üblichen domus-Öffnungszeiten besichtigt werden. Am Freitag, 11. Februar, dient die Ausstellung ausserdem als Rahmen für die Präsentation des neuen «Wigertesels», der zu den Klängen der Guggamusik Röfischrenzer vorgestellt wird.
Bildnachweis: Brigitt Risch