Nachtwächter – ein einsames Amt
«Eine fast krankhafte Furcht der Frau des Nachtwächter u Weibel Ferd. Frick während seiner Abwesenheit in der Nacht muβte Frick veranlassen, seinen Posten als Nachtwächter und Weibel aufzugeben», heisst es im Gemeinderatsprotokoll der Sitzung vom 9. Januar 1931.
In der Tat war das Amt des Nachtwächters eine einsame Angelegenheit. Für die Nachtwächter selbst wie auch für deren Frauen. Jede Nacht galt es, im Dorf zu patrouillieren, die Zeit anzusagen und – besonders bei Föhnsturm – auf die Einhaltung der feuerpolizeilichen Vorschriften zu achten. Beispielsweise, ob die aufgebotene Feuerwache ihre Pflicht erfüllt. «Sollten solche sein, die entweder gar nicht auf der Wache erschienen oder ihre Pflicht sonst gröblich vernachlässigen, so ist selbiges am folgenden Tage dem Feuerwehrkommandanten oder Ortsvorstande anzuzeigen», heisst es im Arbeitsvertrag zwischen der Gemeinde und den beiden Nachtwächtern Josef und Andreas Risch aus dem Jahr 1866.
Bei Föhnsturm klopfte es an der Tür
Sollte der Föhnsturm erst in der Nacht ausbrechen, so hatte der Nachwächter sofort zwei bis vier Mann zu wecken, die an der Reihe waren, die Föhnwache zu übernehmen. Auch hatte er auf allerlei anderes Verdächtige, wodurch dem einzelnen Bürger oder der ganzen Gemeinde ein Schaden erwachsen könnte «in einem Hause oder Stalle ein Wachsames Aug» zu halten. Sollten die Nachtwächter diesen Pflichten nicht nachkommen, so war die Gemeindevorstehung berechtigt, ihnen beliebige Abzüge vom Gehalt zu machen oder sie zu ersetzen.
Genau geregelt war in den verschiedensten Arbeitsverträgen der Schaaner Nachtwächter auch die Zeit, zu der sie ihre Kontrollgänge durch das Dorf zu absolvieren hatten. In der Regel dauerte diese Pflicht in der Winterzeit von 23 Uhr bis 4 Uhr in der Früh, den Sommer über von 23 Uhr bis 3 Uhr. In dieser Zeit hatten die Nachtwächter «von der Kirche in die Specki, dann durch das ganze Dorf bis in die Saxgasse sowie auch in die Obergasse» Streife zu gehen. Bei der Kirche handelte es sich damals noch um die alte Pfarrkirche beim heutigen Friedhof.
Einbrecher, Ruhestörer und entlaufenes Vieh
Hinzu kam explizit die Kriminalitätsbekämpfung: «Der Wächter hat insbesondere darauf zu achten u. wahrgenommene Diebstähle in den Gärten und Hausbündten [sowie] Einbruchversuche oder verübte Einbrüche in Wohn oder Oekonomiegebäude» sofort zur Anzeige zu bringen. Und auch gegen Ruhestörungen zu nachtschlafender Zeit richtete sich ihr Einsatz, genau wie gegen «nächtlich durchs Dorf ziehende Vagabunden». Kam zu seiner Dienstzeit irgendwo Vieh frei, so hatte der Nachtwächter den Besitzer zu verständigen und ihn zum Einfangen anzuhalten.
Später bürgerte sich die Praxis ein, dass der Nachtwächter auf seinen Patrouillengängen eine Kontrolluhr zu betätigen hatte – wobei nicht mehr im Detail überliefert ist, wie dies zu geschehen hatte und welche Technik dahintersteckte. Die Kontrolluhr jedenfalls war morgens beim Ortsvorsteher abzugeben und abends wieder in Empfang zu nehmen. Auch haftete der Nachtwächter für deren Unversehrtheit – gleiches galt für das Signalhorn und die ihm anvertrauten Schlüssel.
Der Nachtwächter wird zum Weibel
Erkrankte ein Nachtwächter oder war er sonst auf irgendeine Weise verhindert, so hatte er auf eigene Kosten für Ersatz zu sorgen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehörte explizit auch die Kontrolle der Einhaltung der Polizeistunde zu den Aufgaben des Weibels, der nicht mehr als Nachtwächter bezeichnet wurde. Dennoch fiel die Nachtwache auch weiterhin in seinen Aufgabenbereich. So auch bei Georg Schierscher, der dieses Amt von 1938 bis zu seiner Pensionierung 1974 ausübte. In seiner Amtszeit wurde erstmals die Bezeichnung Gemeindepolizist eingeführt, die auf seiner Dienstkappe eingestickt war. Mit dieser «Beförderung» erhielt er auch einen Waffenschein und durfte eine Waffe tragen, was als Weibel unmöglich gewesen wäre. Während der ersten 23 Dienstjahre hatte Georg Schierscher keinen einzigen Tag Ferien. Dass ein Nachtwächter, Weibel oder Gemeindepolizist seine Arbeit aufgeben musste, weil seine Frau des Nachts ängstlich war, ist aber seit 1931 nicht mehr überliefert.
Auftaktfoto: Gemeindepolizist und Nachtwächter Georg Schierscher wird von Vorsteher Walter Beck nach seiner Pensionierung im Rathauskeller verabschiedet
Bildnachweis Auftaktfoto: Privatarchiv Georg Schierscher