«Kinder sollen erfahren, dass ihre Stimme zählt»
Daniel Walser, Leiter der Abteilung Freizeit und Gesellschaft, koordiniert die Bemühungen zur Umsetzung des UNICEF-Labels «Kinderfreundliche Gemeinde». Mit der Organisation von zwei Anlässen, an denen Primarschülerinnen und -schüler ihre Ideen für die Weiterentwicklung von Schaan einbringen konnten, ist die Gemeinde diesem Ziel ein grosses Stück näher gerückt. Wie Daniel Walser im Interview betont, zählt insbesondere der pädagogische Gewinn dieser gelebten Partizipation.
Warum ist das UNICEF-Label «Kinderfreundliche Gemeinde» für Schaan so wichtig?
Das Label ist erstrebenswert, da es eine Gemeinde dahingehend auszeichnet, dass sie die Anliegen von Kindern ernst nimmt und sie in die Entwicklung der Gemeinde miteinbezogen werden. Ein zentraler Aspekt ist die politische Bildung. Unsere junge Generation wird irgendwann volljährig und dann erwarten wir von ihr, dass sie sich auf Gemeinde- und Landesebene engagiert. Je früher Kinder und Jugendliche erleben, dass sie als Teil der Gemeinschaft eine Stimme haben, die gehört wird und zählt, desto engagierter werden sie sich später einbringen. Das ist unser vorrangiges Ziel.
Für die Verleihung des Labels muss eine Gemeinde diverse Kriterien erfüllen. Wo steht Schaan aktuell?
Die anfängliche Standortbestimmung hat ergeben, dass Schaan in Sachen Kinderfreundlichkeit bereits heute gut aufgestellt ist. Beispielsweise haben Kindergarten und Primarschule, die im Verantwortungsbereich der Gemeinde liegen, gut abgeschnitten. Ebenso wurden die vielen Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche gelobt. Aber natürlich gibt es Themen mit Verbesserungspotenzial. Vorrangig ist der mangelhafte Einbezug der Kinder und Jugendlichen in das politische Geschehen zu nennen. Möglichkeiten, diesem Manko entgegenzuwirken, gibt es zahlreiche. Zum Beispiel könnte man bei der Planung von neuen Bauten die Meinung von Kindern einholen. Heute werden Spielbereiche immer noch von Erwachsenen konzipiert. Warum fragt man nicht die echten Experten, die Kinder selbst? Eine weitere Möglichkeit, die junge Generation vermehrt in die Entwicklung der Gemeinde einzubeziehen, ist die altersgerechte Aufbereitung von Informationen. Da sind wir Erwachsenen gefordert. Auch wäre es eine Option, Schulklassen ins Rathaus einzuladen und ihnen die Aufgaben der Gemeindeverwaltung näherzubringen. Oder der Gemeindevorsteher könnte sich an Informationsanlässen den Fragen der Kinder stellen. Es dreht sich viel um das Thema Partizipation, das wir jetzt aktiv angehen. In diesem Zusammenhang sind auch die beiden Beteiligungsanlässe «Kinderkonferenz» und «Kindermitwirkungstag» zu sehen, die wir im April und Juni organisiert haben.
Die erwähnten Beteiligungsanlässe für Kinder im Primarschulalter dürfen als Meilensteine auf dem Weg hin zu mehr Partizipation betrachtet werden. Wie haben die Kinder darauf reagiert, dass man sie plötzlich nach Ideen für die Weiterentwicklung der Gemeinde fragt?
Sie waren begeistert und haben sich mit viel Enthusiasmus in die Aufgabe gestürzt, Ideen auszutüfteln. An der Kinderkonferenz, die während der Schulzeit durchgeführt wurde und an der rund 240 Schülerinnen und Schüler teilgenommen haben, waren einige so konzentriert bei der Sache, dass sie nicht einmal die Schulglocke am Ende des Vormittags gehört haben. Der zweite Anlass, an dem die Ideen dann weiter konkretisiert wurden, fand schliesslich an einem Samstag statt, und die Teilnahme war freiwillig. Deshalb ist das Engagement der Kinder nochmals höher zu werten, und ich spreche allen jungen Ideenentwicklern ein grosses Lob aus, dass sie ihre Freizeit so sinnvoll nutzen. Die Gruppe von rund 20 Mädchen und Jungen war top motiviert und will wirklich etwas bewegen.
Welche Ideen der jungen Generation werden denn nun tatsächlich weiterverfolgt beziehungsweise umgesetzt?
Am Ende des Kindermitwirkungstags haben sich die Teilnehmenden für drei Projekte entschieden, die sie im Plenum präsentiert haben: Lasertag, Sportburg und Trampolinpark. Drei Vorschläge, die alle mit Bewegung zu tun haben, was mich persönlich sehr freut. Bewegung ist wichtig für die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder und kommt leider häufig zu kurz. Mit diesen Ideen wirken die Projektentwicklerinnen und -entwickler selbst dem Trend entgegen, zu viel Zeit am Bildschirm zu verbringen.
Und wann darf man mit der Realisierung der Projekte gerechnet werden?
Genau kann ich es nicht sagen, aber wir wollen die Projekte natürlich so schnell und so sinnvoll wie möglich umsetzen. Beim dem einen oder anderen Thema wird die Budgetfrage noch ins Spiel kommen, da Investitionen notwendig sind. Aber alles Schritt für Schritt. Zunächst werden jetzt Arbeitsgruppen gebildet, in denen die Vorschläge finalisiert werden. Die Kinder konnten am Mitwirkungstag selbst entscheiden, an welchem Projekt sie weiterarbeiten wollen – natürlich mit Unterstützung vom OK-Team sowie Vertreterinnen und Vertreter vom Gemeinderat, von der Gemeindeverwaltung und von infoklick.ch. Denn nur für das, wofür das Herz schlägt, setzt man sich auch tatkräftig ein.
Ist in naher Zukunft auch ein Partizipationsanlass für Jugendliche geplant?
Geplant ist, von nun an jährlich einen Partizipationsanlass durchzuführen – alternierend mit Kindern und Jugendlichen. Da wir mit den Primarschülern begonnen haben, steht nächstes Jahr ein Beteiligungsanlass mit Jugendlichen an. Dabei wird aufgrund ihres reichen Erfahrungsschatzes voraussichtlich die Jugendarbeit Schaan den Lead übernehmen. Sie hat auch den besten Zugang zu dieser Zielgruppe.
Die Begleitung des Prozesses hin zum UNICEF-Label «Kinderfreundliche Gemeinde» ist anspruchsvoll, aber sicher auch spannend. Was ist dein bisheriges Fazit?
Dass das Resultat beziehungsweise die Projektumsetzung aus den Beteiligungsanlässen nicht das Wichtigste ist. Es geht um das Vorgehen, den Prozess, das Einbinden der Kinder in die Ideenentwicklung und -umsetzung. Ich sehe darin einen enormen pädagogischen Gewinn. Wir vermitteln den Kindern, dass wir Erwachsenen sie ernst nehmen und dass sie die Möglichkeit haben, ihre Ideen auch zu verwirklichen. Damit verändern wir etwas in der Denkweise der jungen Generation und zeigen ihr auf, was Partizipation und Demokratie bewirken kann.
Fotos: Brigitt Risch