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«Do häsch jetz din Goalie!»
Hans Heeb, der erste Top-Torhüter des FC Schaan, feiert heute seinen 90. Geburtstags. Die Gemeinde Schaan gratuliert ihm zu diesem besonderen Ereignis und veröffentlicht ihm zu Ehren nochmals das Interview, das im vergangenen Dezember im Gemeindemagazin Blickpunkt erschienen ist.
Den FC Schaan gibt es seit 72 Jahren. 71 davon ist Hans Heeb Mitglied. Er war der erste Top-Torhüter des Vereins, später führte er dessen Geschicke und den Kiosk. Es gibt wohl niemanden, der den FC Schaan so kennt, wie der Jubilar. Er erzählt genauso gerne wie anschaulich und humorvoll über die Geschichte des Vereins, die untrennbar mit seiner Lebensgeschichte verbunden ist.
Wohl jeder, der seit der Vereinsgründung 1949 mit dem FC Schaan zu tun hatte, verbindet dich mit dem Fussballclub. Dabei bist du gar nicht in Schaan aufgewachsen.
Das stimmt. Ich bin im Januar 1932 als Bürger von Ruggell zur Welt gekommen und erst mit 86 Jahren Schaaner geworden. Zum Zeitpunkt meiner Geburt lebten meine Eltern mit meinen Brüdern aber schon über vier Jahre in Brederis bei Rankweil. Der Grund war der Rheineinbruch vom September 1927 bei der Schaaner Eisenbahnbrücke, der auch Ruggell stark in Mitleidenschaft gezogen hat. Das Unglück war für viele der weitgehend armen Familien eine Katastrophe. Meine Mutter, die aus Gisingen stammte, und meine drei ältesten Brüder mussten damals mit einem Boot aus dem oberen Stock des Familienhauses gerettet werden. Mein Papa hatte zusammen mit den anderen Männern das Ruggeller Vieh in den Schellenberg getrieben. In diesen Tagen soll es in Schellenberg mehr Rindviecher als Menschen gehabt haben, hat er oft erzählt. Auch das Haus meiner Tante väterlicherseits im Badäl in Gamprin war stark in Mitleidenschaft gezogen. So haben sich mein Vater und seine Schwester entschieden, mit ihren Familien zu den Geschwistern meiner Mutter nach Brederis zu ziehen. Sie haben sich dort eine Landwirtschaft aufgebaut, und ich bin in diesem Weiler aufgewachsen. 1947 ist mein Vater noch relativ jung an einem Krebsleiden gestorben. Mein ältester Bruder Fridolin hat sich daraufhin entschieden, wieder nach Liechtenstein zu gehen und eine Stelle in der Scana, der späteren Hilcona, anzutreten.
Was hat dich selbst dann in die Gemeinde verschlagen?
Der Fussball natürlich (schmunzelt). Fridolin war seit der Vereinsgründung 1949 im FC Schaan aktiv. An einem Samstag im Jahr 1950 hat er uns in Brederis besucht und zu mir gesagt: «Morgen musst du bei den Schaaner A-Junioren ins Tor. Sie haben keinen Goalie.» Ich war recht überrascht, denn auf dieser Position hatte ich nie gespielt. Mein Bruder sagte nur: «Du wirst ja wohl einen Ball fangen können.» Wir haben in Triesen 8:0 verloren. Ich sagte zu Fridolin anschliessend: «Do häsch jetz din Goalie!» (lacht) Es wurde dann aber schnell besser mit meinem Können, und ein Jahr später war ich schon Stammtorhüter der 1. Mannschaft.
Du hast dich also trotz der Klatsche in Triesen entschieden, in Schaan zu bleiben.
Natürlich nicht gleich nach dem Spiel. Aber bald darauf. Da ich im FC geblieben bin, hatte ich das Glück, 1951 bei Arnold Thöny in der Getränkehandlung anfangen zu können und im oberen Stock des Gebäudes auch wohnen zu dürfen. Im Unternehmen bin ich 45 Jahre lang geblieben. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Lohn erinnern. Das waren 300 Franken pro Monat bei freier Kost und Logis. Eine Flasche Bier kostete damals 78 Rappen. Da kann man sich denken, wie weit der Lohn gereicht hat (lacht). Aber es hat mir bei Getränke Thöny sehr gut gefallen, und meine Aufgaben waren vielfältig. Zweimal pro Woche habe ich in Rorschach bei der Brauerei Löwengarten das Bier geholt und regelmässig die Kundschaft beliefert. Ich war auch oft am Wochenende im Einsatz, wenn sonntags die Bongertfeste stattfanden. Weitere Transporte, zum Beispiel für den Holzimport, kamen dazu. Das war ein zusätzliches Standbein des Unternehmens. Sowohl mit Arnold als auch mit seinem Sohn Herbert, der die Firma später übernommen hat, habe ich mich ausgezeichnet verstanden. Daher kam ein Wechsel für mich nie infrage. Als ich mit 65 dann aber in Rente gegangen bin und Herbert mich gefragt hat, ob ich nicht wenigstens noch die Transporte aus Rorschach übernehmen möchte, habe ich gesagt: «Jetz isch färtig!»
Ab wann hast du nicht mehr bei Thönys gewohnt?
Wie es so ist: Ich habe in den 1950ern meine spätere Frau Erika Meier kennengelernt. Im Oktober 1958 haben wir uns in der Schaaner Dux-Kapelle das Jawort gegeben. In dieser Zeit haben wir auch unser Haus im Birkenweg gebaut. Damals war dort noch eine Naturstrasse, und es standen erst wenige Häuser. Alfred Wieser, einer meiner Mannschaftskameraden, hat seins an das Ende der Strasse gebaut. Das war, im Nachhinein betrachtet, ein grosser Glücksfall. Nicht nur, weil wir uns gut verstanden haben, auch weil der Birkenweg sonst wohl eine Verbindungsstrasse von der Specki ins Zagalzel geworden wäre. So ist er eine Sackgasse geblieben, was ich sehr geschätzt habe, als nach und nach unsere vier Kinder auf die Welt gekommen sind. Der Familienzuwachs machte aber auch eine Erweiterung unseres Hauses nötig. Denn zunächst haben wir relativ klein gebaut, da man so den Kredit für drei Jahre zinslos bekommen hat. Das Bauen und der Boden waren zu dieser Zeit aber ohnehin viel günstiger als heute. Schon der Anbau rund 15 Jahre später war deutlich teurer als der Neubau. Aber es hat sich gelohnt, und wir hatten alle sechs ein wirklich schönes Zuhause.
Wie ging es für dich beim FC Schaan weiter, nachdem du zur 1. Mannschaft gestossen bist?
Dort stand ich rund zehn Jahre lang im Tor. In dieser Zeit sind wir 1953 in die 3. Liga aufgestiegen, haben 1955 den ersten Cupsieg eingefahren und sind im gleichen Jahr wieder in die 4. Liga abgestiegen. 1960 haben wir es dann aber sogar erstmals bis in die 2. Liga geschafft. Zunächst spielten wir ja noch auf dem Flugplatz neben der Ivoclar. Das war eher ein Acker mit viel Dreck und einem bisschen Gras. Ich habe in diesen Jahren vermutlich mehr Steine aus dem Sechzehner geworfen als Bälle (lacht). 1960 durften wir zum Glück auf die neue Sportanlage Rheinwiese wechseln. Ich wollte damals zurücktreten. Wir hatten auch schon einen Nachfolger, einen gewissen Lürs aus Deutschland. Dann ist dieser Lälli Skifahren gegangen und hat sich das Bein gebrochen. Also musste ich weitermachen. Aber ich hatte ähnliches Pech wie mein designierter Nachfolger. Bei einem Vorbereitungsspiel für die erste Saison in der 2. Liga endete meine Karriere abrupt. Ich hatte den Ball in einer Szene schon sicher, als mir ein Sarganser in die Beine gesprungen ist. Dr. Brunhart war als Zuschauer anwesend. Er hat fachmännisch festgestellt, dass ich mir den Fuss gebrochen habe. Das war aber keine besondere Leistung. Ich habe nur geantwortet: «Das sehe ich auch.» (lacht).
Und dann war für dich Schluss mit Fussball?
Ich habe zunächst vor allem das Kegeln als Hobby für mich entdeckt. Aber die Senioren haben mich dann überzeugt, wieder Fussball zu spielen. Das habe ich dann, später bei den Veteranen, gemacht, bis ich 60 geworden bin. Zum Glück bin ich von schwereren Verletzungen verschont geblieben und hatte sogar ein richtiges Abschiedsspiel. Rückblickend hat es mir sicher gutgetan, bis kurz vor der Pension einmal pro Woche zu trainieren und die Spiele zu absolvieren. Das hat mich vielleicht auch jung gehalten. Es waren allgemein schöne Zeiten im FC. Der Zusammenhalt war grossartig und wir sind nach den Trainings und Spielen fast immer noch ins «Rössle» eingekehrt.
Du warst auch Funktionär.
Ich war einige Jahre Vorsitzender des Leitungsgremiums, das der FC Schaan eingeführt hat, weil niemand mehr Präsident werden wollte. Ausserdem habe ich 15 Jahre lang den Kiosk auf der Rheinwiese geführt. Das war zu dieser Zeit eine wichtige Einnahmequelle für den Verein. Aber damit habe ich aufgehört, als ich 70 geworden bin. Damals war übrigens Daniel Hilti Präsident. Dass er zum Vorsteher gewählt worden ist, war sehr schade. Für den Verein. Nicht für die Gemeinde (lacht). Denn sein Präsidentenamt musste er nach seiner Wahl natürlich abgeben. Als ich 70 war, war zwar Schluss mit dem Kioskdienst, aber natürlich nicht mit dem FC. Dem bin ich treu geblieben. 2020 durfte ich mein 70-Jahr-Jubiläum als Mitglied feiern.
Verfolgst du die Entwicklung des FC Schaan und seine Spiele immer noch?
Ich war in den vergangenen Saisons nicht mehr so oft auf der Rheinwiese. Meine Frau musste vor einigen Jahren ins LAK-Haus St. Laurentius ziehen, da ihre Sehkraft immer mehr nachgelassen hat. Ich habe jeden Nachmittag von 13 bis 18 oder 19 Uhr bei ihr verbracht, und wir haben auch diese Zeit, in der wir noch unsere Diamantene Hochzeit feiern durften, sehr genossen. Aber für den Fussball blieb natürlich wenig Platz. Erika hat jedoch auch verstanden, dass ich bei einem Heimspiel des FC Schaan an einem Sonntag meistens für eine Halbzeit auf die Rheinwiese gegangen bin. Ich habe das immer meine Zimmerstunde genannt. Als ehemalige Serviertochter wusste sie vom Wert der Zimmerstunde und sie hat mir das gerne gegönnt. Als sie Ende Oktober 2019 verstorben ist, kam schon bald darauf die Corona-Pandemie, und es fanden ohnehin kaum Spiele statt. Seit im Sommer dieses Jahres ein bisschen Normalität Einzug gehalten hat, bin ich aber wieder gerne Zuschauer an den Heimspielen des FC Schaan. Mir gefällt übrigens auch die neue Vereinsführung sehr gut. Die Lösung mit dem Vierer-Präsidium ist ähnlich wie unsere damals mit dem Führungsgremium. Offenbar braucht der FC eine solche Lösung.
In deinen letzten Sätzen hört man auch leise kritische Töne zu deinem FC Schaan. Hast du nie mit dem Gedanken gespielt, den Verein zu wechseln?
Definitiv nicht. Ich hätte meinen Kollegen ja nicht mehr in die Augen schauen können. Ein Angebot hat es allerdings gegeben. Das Pokalfinale 1955 gegen den FC Vaduz war für uns ein grosses Ereignis. Wir hatten den Cup noch nie gewonnen und spielten immer mindestens eine Liga unter den Vaduzern. Es schien also eine klare Sache zu sein, wer gewinnen wird. Der Wirt vom Waldhotel, ein grosser Fan des FC Vaduz, hatte den üppigen Znacht zur Feier des Tages schon gerichtet. Irgendwie haben wir aber ein Tor geschossen, und ich habe keinen Ball reingelassen. Die Sensation war perfekt. Ich schätze, dass die Vaduzer ihren Znacht trotzdem gegessen haben. Aber die Stimmung war im «Rössle» definitiv besser als im Waldhotel (lacht). Eines der Vaduzer Vorstandsmitglieder war damals in führender Position bei der Hoval tätig. Da mein Arbeitgeber zu dieser Zeit, wie gesagt, auch im Transportgeschäft war, ergab es sich, dass ich für die Hoval einen Heizkessel abholen musste. Auf dem Firmengelände wurde ich ins Büro des Vorstandsmitglieds gerufen. Er eröffnete mir, dass ich zum FCV wechseln könnte. Ich fragte: «Was welli z Vadoz?» Er meinte, dass mehr Geld für mich drin läge. Ich habe ihm aber nur geantwortet, dass ich das nicht brauche, da mir die Kameradschaft im FC Schaan mehr bedeute.
Du hast vorhin gesagt, dass du erst im hohen Alter Schaaner geworden bist. Angesichts der von dir geschilderten Treue zum FC drängt sich die Frage auf, wieso du so lange gewartet hast.
Mich hat ja keiner als Ruggeller gesehen. Denn ich hatte meine Familie, meine Freunde, meine Arbeitsstelle, meine Vereine, ganz einfach meinen Lebensmittelpunkt seit 1950 in Schaan. Meine Frau, gebürtige Eschnerin, hat aber immer gesagt, ich solle mich nicht so zieren und mich endlich einbürgern lassen. Schliesslich musste sie ihr Bürgerrecht nach dem damaligen Gesetz durch die Heirat 1958 auch ändern. 2018, um unsere Diamantene Hochzeit herum, haben wir uns dann entschieden, auch auf dem Papier Schaaner zu werden. Bereut habe ich es noch nicht (schmunzelt).
Auftaktfoto: Brigitt Risch