Ein bunter Lebensweg
Sr. Alma Pia Spieler ist 1941, im Alter von 14 Jahren, ohne Einwilligung ihrer Eltern in Banja Luka einer Stadt im Norden von Bosnien und Herzegowina, bei den Anbeterinnen des Blutes Christi eingetreten.
Sr. Alma Pia wurde am 11. August 1927 als Rosa Spieler in Videm einer kleinen Siedlung südwestlich von Raka in der Gemeinde Krško im Osten Sloweniens geboren. Ihre Eltern betrieben eine Landwirtschaft.
Als Rosa das erste Mal im Leben Nonnen sah, fragte sie den Kaplan ihrer Heimatpfarrei Jvan Cernoga, was diese Frauen seien. Er erwiderte ihr, «diese Frauen haben sich schon auf Erden ganz Gott geweiht». «Genau das will ich auch»! sagte die kleine Rosa zum Kaplan. Nach sechs Jahren Volksschule brachte Kaplan Cernoga das intelligente Mädchen 1941 nach Banja Luka in die Internats-Mittelschule der Anbeterinnen des Blutes Christi.
Im gleichen Jahr wurde ihre Familie gezwungen, nach Deutschland auszuwandern und sich nördlich von Berlin niederzulassen.
1942 nahm Sr. Valeria Planiz, eine slowenische Landsfrau und Provinzleiterin der Anbeterinnen des Blutes Christi, die 15jährige Kandidatin Rosa Spieler ohne Einwilligung der Eltern mit nach Rom. Sie war von der Generaloberin Sr. Alma Pia Rossi eingeladen worden. Zusammen mit der Generaloberin und der Provinzleiterin erhielt Rosa, die spätere Sr. Alma Pia, eine Privataudienz bei Papst Pius XII.
Alma Pia blieb nur einen Monat in Rom. 1942 kam sie ins Kloster St. Elisabeth nach Schaan, wo sie das hausinterne Gymnasium besuchte, das von Professor Albert Drexel geleitet wurde.
Der aus Vorarlberg stammende Priester Albert Drexel (1889 -1977) lehrte bis zur Machtergreifung der Nazis als Sprachwissenschaftler und Völkerkundler an der Universität in Innsbruck, wo er 1924 das Afrikanische Institut gegründet hatte. Drexel verfasste Schriften gegen die rassistischen Irrlehren der Nationalsozialisten und musste vor der Gestapo nach Liechtenstein fliehen. Über die Vermittlung von Regierungschef Josef Hoop (1895 – 1959) fand er bei den Anbeterinnen des Blutes Christ in Schaan Aufnahme. Drexel und Hoop hatten einander im Studium am orientalischen Institut in Innsbruck kennen gelernt.
Die Klassenkameradinnen von Sr. Alma Pia am Gymnasium St. Elisabeth waren drei jüdische Flüchtlingsmädchen, ein evangelisches Mädchen aus Deutschland und Elsa Batliner aus Liechtenstein.
Nach Kriegsende kehrte die Familie von Sr. Alma Pia 1945 zu Fuss nach Slowenien zurück. Sie brauchten dafür zwei Monate. Das Elternhaus hatte nur noch das Dach. Die Türen, Fenster und der ganze Hausrat fehlten. Zehn Tage nach der Rückkehr verstarb der Vater.
1946 mussten die Schwestern das erste Mädchengymnasium in Liechtenstein aus finanziellen Gründen aufgeben. Sr. Alma Pia wechselte deshalb für die letzten zwei Jahre ans Bundesgymnasium nach Feldkirch, wo sie 1948 maturierte.
Ihre Klasse am Bundesgymnasium besuchten 6 Mädchen und über 30 Knaben. Einige davon waren, wie der spätere Chefarzt des Spitals Feldkirch, Hans Burtscher, als junge Soldaten im Krieg gewesen und konnten erst jetzt ans Gymnasium zurückkommen.
Nach der Matura studierte Sr. Alma Pia in Fribourg. Sie erwarb das Mittelschul-Lehrerinnendiplom und unterrichtete von 1951 – 1971 an der Höheren Töchterschule St. Elisabeth in Schaan. Von 1971 – 1983 bekleidete Sr. Alma Pia das Amt der Generalrätin in der Kongregation der Anbeterinnen des Blutes Christi in Rom. Danach kehrte sie nach Schaan zurück, wirkte erneut als Lehrerin und später als Provinzrätin. Schwester Alma beherrscht sieben Sprachen, weshalb sie als Simultanübersetzerin bei kirchlichen Grossanlässen in ganz Europa arbeitete und im Kloster die schriftlichen Übersetzungen besorgte.
Ab 1983 begann Sr. Alma Pia zuerst vereinzelt, dann regelmässig Leserbriefe zu kirchlichen Festen zu schreiben. Von 2005 bis 2017 erschienen diese jeweils samstags im Liechtensteiner Volksblatt unter dem Titel „Gedanken zum Sonntag“.
1991 wurde ihr Buch „Wenn das Weizenkorn stirbt…“ veröffentlicht. Darin befasst sie sich auf 672 Seiten mit der Geschichte der Anbeterinnen des Blutes Christi in der Provinz Schaan. Seit 2011 ist Sr. Alma Pia Spieler Staatsbürgerin von Liechtenstein und Gemeindemitglied von Schaan.
Der gesellschaftliche Wandel, die sinkende Akzeptanz der Kirche in der breiten Bevölkerung und der dramatische Rückgang von Berufungen sind nicht nur für die Anbeterinnen des Blutes Christi eine Herausforderung meint Sr. Alma Pia Spieler. Sie ist überzeugt, dass Missionieren im Sinne von Werben und Überzeugen vorbei sei. Eine Missionierung bei der Erzählen, Bekennen, Beispiel geben und Vorleben im Vordergrund stehen, habe jedoch Zukunft.
Den Schlusspunkt in der Biografie dieser aussergewöhnlichen Nonne soll folgende Aussage von Sr. Alma Pia bilden: «Ich bin dankbar für das bunte, schöne und schwere Erdenleben und warte jetzt getrost auf die Eingliederung in die Gemeinschaft der Kinder Gottes in der Ewigkeit.»
Im Anhang finden Sie die Leserbriefe von Sr. Alma Pia Spieler. Die Veröffentlichung geschieht nicht im Auftrag der Anbeterinnen des Blutes Christi, sondern entspricht dem grossen Wunsch von vielen LeserInnen. Die vom christlichen Glauben geprägte Gedanken sollen als Nachschlagewerk zugänglich gemacht werden.
Anlässlich mehrerer Besuche im Kloster St. Elisabeth und später im Alters- und Pflegeheim Schaan hat der Autor Albert Eberle ab Februar 2016 die Gespräche mit Sr. Alma Pia Spieler schriftlich festgehalten.
Nachfolgend können Sie nach Jahren geordnet die Leserbriefe von Sr. Alma Pia herunterladen:
geändert am 16. August 2022